18.1.97

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v Professorale Arroganz: Profs würgen Konzilsdebatte ab

Inhaltliche Diskussionen zu hochschulpolitischen Fragen sind seitens der ProfessorInnen nicht erwünscht. Dieser Schluß ist daraus zu ziehen, daß die professorale Mehrheit im Konzil am 4.Februar den Abbruch der Debatte über die Münchener Erklärung erzwang, kaum daß diese begonnen hatte. Die studentischen Mitglieder des Konzils bedachten die Ordinarien daraufhin mit dem Vorwurf "professoraler Arroganz".

In der Debatte hielten sie Universitätspräsident Hans-Ludwig Schreiber zunächst vor, er habe diese Erklärung eigenmächtig unterzeichnet, ohne vorher die zuständigen Organe der Universität, den Senat oder das Konzil darüber auch nur zu informieren. Er berief sich dagegen auf eine Richtlinienkompetenz in hochschulpolitischen Belangen -- die steht ihm aber laut Niedersächsischem Hochschulgesetz ausdrücklich nicht zu!

Profs gegen Leistungskontrollen

In der Münchener Erklärung fordern die zehn -- nach den Mittelzuweisungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft -- forschungsintensivsten Hochschulen, daß sowohl der Staat als auch die Wirtschaft mehr Gelder für die Forschung zur Verfügung stellen müßten. Dabei sei vor allem die Grundlagenforschung in ihrer freien Entfaltung auf die staatliche Förderung angewiesen. Zugleich setzen sich die Unterzeichner für eine deutlichere Differenzierung der Hochschullandschaft ein. Sie fordern außerdem eine bessere Förderung des akademischen Nachwuchses und besonders ausländischer WissenschaftlerInnen.

Hochschulautonomie

Eine Intensivierung der Forschung sei aber nur möglich, wenn die Autonomie der Hochschulen gestärkt würde. Dazu gehöre eine Beschränkung der staatlichen Aufsicht, das Ende bürokratischer Gängelei und kleinlicher Leistungskontrollen. Ob damit auch die studentische Bewertung der Lehre gemeint ist, bleibt offen. Zur Aussprache darüber kam es im Konzil wegen des Abbruchs der Debatte ebensowenig wie über das in der Erklärung geforderte Mitspracherecht (der Hochschulen) bei der Auswahl ihrer Studierenden.

Hierin bestand bzw. besteht Klärungsbedarf, sprach sich doch der Präsident in seinem vorangegangenen Bericht an das Konzil gegen zusätzliche Prüfungen als Hochschulzugangsberechtigung aus: Das Abitur, so Schreiber, dürfe nicht angetastet werden. -- Zweifel an dieser Aussage sind insofern angebracht, als der Präsident in der Debatte darüber die studentischen Konzilsmitglieder anherrschte: Daß die Erklärung sie betroffen macht, zeigt mir, daß sie wohl richtig ist.

Schreiber: Keine Studiengebühren!

In seinem Bericht an das Konzil sprach sich Universitätspräsident Schreiber klar gegen die Einführung von Studiengebühren und andere Zwangsmaßnahmen zur Studienzeitverkürzung aus. Er sagte, die Universität dürfe kein akademischer Durchlauferhitzer werden. Dabei verwies Schreiber auf die Statistik der Göttinger Universität, wonach die Zahl der Studierenden zwar insgesamt abnehme, die Zahl derer, die die Regelstudienzeit überschritten deutlich zunehme. So seien zwar nur noch 27.000 Studierende in Göttingen eingeschrieben (1992: 32.000), davon aber befänden sich in den meisten Fächern nur knapp die Hälfte in der Regelstudienzeit (in Jura sogar nur ein Drittel).

faule Langzeitstudenten

Den Vorwurf aus dem Plenum, die Langzeitstudierenden seien faul, wiesen die anwesenden Studierenden empört als Affront zurück.

Entgegen der Münchener Erklärung lehnte der Präsident Leistungskontrollen nicht grundsätzlich ab, äußerte aber seine Skepsis gegenüber dem in Niedersachsen durchgeführten zentralen Evaluationsverfahren. Als Alternative werde in Kürze die Physik von internationalen Experten überprüft, wovon man sich u.a. eine baldige Verbesserung der katastrophalen Bausituation dieses Fachbereichs verspreche.

Unlust zur Veränderung

Schreiber beklagte in seinem Bericht einerseits die Sparpolitik der Landesregierung, warf andererseits aber den ProfessorInnen in den Fachbereichen vor, bei der Formulierung von Perspektiven in den Struktur- und Entwicklungsplänen weitgehende Unlust gezeigt zu haben. Die Neustrukturierung der Universität sei nicht nur durch durch die Auflagen der Politik gefährdet, sondern auch durch die geringe Mobilität bei der Umlage freiwerdender Mittel innerhalb der Hochschule.