18.1.97

> Editorial

> Ende der Dürre: Studierendenparlament wählt linken AStA

v Kampf gegen Sozialabbau: Interview mit dem neuen Sozialreferenten Michael Kaus

Du bist auf der konstituierenden Stupasitzung zum Sozialreferenten des AStA gewählt worden. Worin siehst Du die wichtigste Aufgabe Deiner Arbeit?

Ganz klar, die große Überschrift über meiner Arbeit im Sozialreferat wird lauten: Kampf gegen den Sozialabbau! Wir leben in Zeiten, in denen soziale Errungenschaften reihenweise scheinbaren Marktzwängen zum Opfer fallen. Ich will dabei helfen, eine Opposition zu gestalten, die gegen das herrschende Prinzip steht, nach dem möglichst viele öffentliche Aufgaben von oben nach unten, am besten komplett in die Privathaushalte, weggeschoben werden. Die Hochschulen sind eines der Hauptziele dieser Deregulationsoffensive. Die Forderung nach Studiengebühren wird immer lauter und in einigen Bundesländern mit der Einführung sog. Rückmeldegebühren bereits real. Auch an Niedersachsen ist dieser Kelch noch nicht endgültig vorübergegangen. Auch werden Leistungen nach dem Sozialgesetz BAföG als individuelle Beteiligung an den Bildungskosten bereits privat verzinst. Das läßt sich schlechterdings nur als makabre Perversion von Sozialgesetzgebung begreifen.

Wie schätzt Du die Möglichkeiten Deines Amtes ein, tatsächlich zählbare Erfolge gegen eine solche Politik zu erreichen?

Ein AStA-Sozialreferat hat sicher nur bescheidene Möglichkeiten, in eine andere Richtung zu wirken. Die aber möchte ich voll nutzen. Sie umfassen meiner Ansicht nach im wesentlichen drei Bereiche. Da ist zum einen die soziale und rechtliche Beratung Studierender. Da gilt es als weiteres, eigene sozialpolitische Forderungen zu formulieren. Im Hinblick auf eine grundlegende Reform der Studienfinanzierung werde ich Stellungnahmen einholen bzw. selbst beurteilen, inwieweit die verschiedenen BAföG-Reformvorschläge von Parteien und anderen Verbänden in ein von mir angestrebtes System der sozialen Grundsicherung integrierbar sind. Drittens, aber nicht zuletzt, werde ich den AStA wieder in eine aktive Bündnisarbeit gegen Sozialabbau, wie sie sich momentan in Göttingen formiert, einbinden.

Du bist mit dem Anspruch angetreten, das Sozialreferat als politisches Referat zu betrachten. Gleichzeitig wird die Servicearbeit auch bei Dir eine wesentliche Säule darstellen. Wie läßt sich das miteinander vereinbaren?

Soziale Information und Beratung ist mehr als nur Selbstzweck. Sie ist Teil des Projektes, dem Hochschulstudium einen emanzipatorischen Charakter zu geben. Dieses Projekt scheitert, wenn die Öffnung der Uni aus Gründen eines finanzpolitischen Primats oder konservativer Elitegedanken wieder zurückgenommen wird. Mit jeder neuen BAföG-Novelle z.B. schrumpft der Kreis der EmpfängerInnen. Für eine politisch bewußte Beratung zählt jede herausgeholte Mark als kleiner Erfolg.

Wie wird das Beratungsangebot Deines Referates im einzelnen aussehen?

Das Sozialreferat wird eine allgemeine Sozial-, eine BAföG- und eine Rechtsberatung organisieren. Dabei soll eine allgemeine Sozialberatung und eine erste Hilfe zu weitergehenden Fragen während einer werktäglichen Öffnungszeit von etwa 10-13 Uhr erfolgen. Die Rechts- und die BAföG-Beratung wird zu geeigneten Sonderterminen jeweils etwa zweimal die Woche stattfinden. Darüberhinaus ist es in einer derart weit über die Stadt verteilten Uni wie dieser hier sinnvoll, wenn sich der AStA mit seinem Serviceangebot auch räumlich zu den Studierenden hin bewegt. Daher möchte ich mindestens im Nordbereich einmal pro Woche eine etwa zweistündige Sozialberatung anbieten.Wir befinden uns noch auf der Suche nach passenden Räumlichkeiten.

Was den Umfang angeht, ist, denke ich, klar, daß nicht für alle Bereiche die Studierende betreffen können, eine erschöpfende Beratung angeboten werden kann. Aber es ist die Aufgabe des Sozialreferats herauszufinden, wo und von wem diese geleistet wird. In entsprechenden Fällen soll die Vermittlung problemlos klappen. Deswegen werde ich mit den zuständigen Institutionen einen regelmäßigen Kontakt pflegen.

Hast Du keine Zweifel, dieses nicht gerade kleine Arbeitspensum zu bewältigen?

Ich sehe überhaupt keinen Grund zu zweifeln, zumal ich hinter mir eine Juso-Hochschulgruppe weiß, die nicht nur hochmotiviert ist, sondern auch über einen reichen Erfahrungsschatz verfügt. Schließlich stammten alle SozialreferentInnen der letzten linken ASten aus ihren Reihen.

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