Rainer W. Gerling, Datenschutzbeauftragter der Max-Planck-Gesellschaft


Mailfilter

Jeder der heute im Internet in irgend einer Weise mit seiner eMail-Adresse aufgetreten ist, sei es auf einer WWW-Seite oder mit einem Beitrag in einem Diskussionsforum, muß mit leidiger Werbe-eMail oder andere belästigender eMail (SPAM) rechnen. Auf Dauer kann diese ungewünschte eMail, die in Form von Downloadzeit bei der Übertragung dem Empfänger auch noch Geld kostet, erhebliches Ungemach bedeuten. Viele Rechenzentren an Universitäten und auch Internet-Provider versuchen nun ihren Kunden zu helfen: sie filtern (d.h. löschen) die ungewollte eMail nach verschiedenen Kriterien. Da Werbe-eMail häufig immer aus den gleichen Domänen kommt, wird dann alle eMail aus so einer "bösen" Domäne herausgefiltert und gelöscht. Auch ein Filtern auf bestimmte Inhalte ist heute üblich. Es gibt jedoch mittlerweile auch Klagen der Benutzer, daß auf diesen Weg wichtige eMail (die mit Werbung nichts zu tun hat) gelöscht wird. Ist z.B. von einer bestimmten Einrichtung häufiger Werbe-eMail verschickt worden, filtert (d.h. löscht) ein Provider unter Umständen alle eMails mit einem Absender in dieser Einrichtung. Hierbei wird nicht mehr zwischen Werbung und normaler eMail unterschieden. Auf Grund der Klagen der Benutzer stellt sich nun die Frage, ob dieses Verfahren des eMail-Filterns durch Provider in Deutschland rechtlich zulässig ist.

Die Anwort findet sich in §354 StGB, wo daß Post- und Fernmeldegeheimnis geregelt wird. In §354 Abs. 2 heißt es: "Ebenso wird bestraft, wer als Bediensteter der Post unbefugt ... 2. eine der Post zur Übermittlung auf dem Post- und Fernmeldeweg anvertraute Sendung unterdrückt ...". Diese Vorschrift gilt auf den ersten Blick nur für Bedienste der Post, aber in Abs. 3 heißt es dann weiter: "Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend auch für andere Personen, die ... 2. eine für den öffentlichen Verkehr bestimmte Fernmeldeanlage betreiben, beaufsichtigen, bedienen oder bei ihrem Betrieb tätig sind". Damit gilt §354 Abs. 2 StGB für jeden Internetprovider der seine Dienste Dritten anbietet. Insbesondere gilt er auch für Universitätsrechenzentren die Mitarbeitern und Studenten eMail ermöglichen. Daß man diese Straftat nur vorsätzlich und nicht fahrlässig begehen kann, beseitigt auch bei Unkenntnis dieser gesetzlichen Vorschrift die Strafbarkeit nicht. Anders wäre dies natürlich bei einem durch technische Fehler bedingtem Vernichten wichtiger eMails der Kunden.

Man möchte natürlich der Flut der Werbe-eMails trotzdem Herr werden. Ein Internet-Provider kann sich damit helfen, daß er sich von seinen Kunden beauftragen läßt, nach vom Kunden vorgegebenen Regeln, bestimmte eMails zu vernichten. Ein Kunde der das eMail-Filtern nicht will, muß mit eigenen Mitteln gegen die Werbe-eMail kämpfen. Im Rahmen der Konfigurationsmöglichkeiten des Kundenaccounts stellt der Provider alle möglichen Filterregeln, die er anwenden kann, zur Verfügung. Der Kunde wählt nun aus, welche dieser Regeln er auf seine eingehende eMail angewandt haben will.

Auch wenn der Aufwand deutlich größer, kann ein eMail-Filter nur im Auftrag des Kunden oder vom Kunden selber aktiviert werden. eMail-Filtern, ohne daß der Kunde es weiß, ist strafbar.

Die Bundesregierung plant derzeit mit einem Entwurf für ein Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz (BegleitG) den §354 StGB zu streichen und durch einen neuen §206 zu ersetzen. Die neuen Formulierungen im §206 bringen die alten Vorschriften des §354 in Übereinstimmung mit dem TKG. In der Begründung der Bundesregierung zu diesen Änderungen heißt es: "Damit werden z. B. auch Telekommunikationsnetze für geschlossene Benutzergruppen (Corporate Networks), über die möglicherweise in Zukunft erhebliche Teile der geschäftlichen Telekommunikation abgewickelt werden, vom Schutzbereich der Vorschrift umfaßt." Damit ist Firmen-interne eMail eingeschlossen.

Das rechtliche Problem hier ist die Reichweite des Fernmeldegeheimnis im Arbeitsverhältnis. Die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis können - zumal in Forschungseinrichtungen oder Hochschulen - das Fernmeldegeheimnis bezüglich persönlicher Kommunikation nicht aufheben.

© Copyright 1997, Rainer W. Gerling 


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zuletzt geändert am 15. Oktober 1997 von Rainer W. Gerling