Riga, Sonntag, 26. September
Round-Table-Abschlussdiskussion
(protokolliert von David Sittler)
Nach dem Frühstück fuhren wir ins Grebenšcikov-Gemeinde-zentrum. Wir waren zur Redaktionssitzung des „Pomor-skij Vestnik“ eingeladen. Es gab Tee, Kaffee, Pralinen, Kekse und Äpfel, die – so unsere Gastgeber stolz – aus Latgale stammten. Die Redaktion befindet sich seit etwa vier Jahren in dem Gebäude, in dem sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Altgläubigenschule befand. Die Redaktion trifft sich jeden Sonntag nach dem Gottesdienst. Fünf bis zehn Personen diskutieren bei Tee und Kaffee.
Redaktionelle Arbeitsprobleme regeln sie an anderen Tagen. Es gibt aber auch regelmäßige Mitgliederversammlungen der Zeitschrift. Die Diskussionen stehen unter dem Motto „Geschichte und Kultur der Altgläubigen in Lettland“.
Daher wird auch mit der Philo-sophisch-Soziologischen Fakultät der Universität Lettlands zusammengearbeitet. Finanzielle Unterstützung kommt aus dem staatlichen Integrationsfonds. Vom 29. bis 30. April 2004 fand bereits eine wissenschaftliche internationale Konferenz statt zum Thema „Der Alte Glaube Lettlands. Historische Erfahrung, Kultur und aktuelle Prozesse in der Gesellschaft“, laut einer Journalistin an den „letzten Tagen der Unabhängigkeit Lett-lands“.  

Mit uns diskutierten: Prof. Arnolds Podmazovs (Forscher zu Altgläubigen in Lettland bereits in der Sowjetzeit, Leitender Forscher des Instituts für Philosophie und Soziologie der Univer-sität Lettlands), Evdokija Dubova (Dr.-Kandidatin aus Daugavpils, lehrt an verschiedenen Universitäten), Prof. Azijs Ivanovs (Institut für Philosophie und Soziologie),
Aleksandrs Emeljanovs (Sekretär des Redaktionskollegiums des „Pomorskij Vestnik“), eine musikwissenschaftliche Doktorandin der Musikakademie Riga mit dem Spezialgebiet Gesang, Nadežda Pazuchina (Stadtführerin, Doktorandin am Institut für Philosophie und Soziologie), Illarions Ivanovs (Vorsitzender der Gesellschaft der Altgläubigen Lettlands und Chef-redakteur des „Pomorskij Vestnik“) und Nikolajs Ivanovs (Stellvertretender Chefredakteur des „Pomorskij Vestnik“)

Nach dem Plazieren und Vorstellen der Anwesenden wurden wir aufgefordert, den aufmerksamen Zuhörern unsere Eindrücke und Erfahrungen von der Reise durch Lettland, speziell aber die Eindrücke des Gottesdienstes und der Altgläubigengemeinde in Riga einzeln zu präsentieren. Verena berichtete davon, dass wir die

Reise von Riga nach Latgale und zurück nach Riga, meist mit der Bahn und nur von Daugavpils nach Rezekne mit dem Bus, ohne Probleme überstanden hätten und ganz beeindruckt davon seien, wie gut wir auf jeder einzelnen Station in den Gemeinden Jekabpils, Daugavpils und Rezekne aufgenommen und betreut wurden. Es sei für uns sehr wichtig gewesen, aus der Hauptstadt hinaus in die östliche Provinz zu reisen, von der wir kaum eine Vorstellung hatten, in die Gegenden, aus denen die Altgläubigen einst gekommen waren, wo sie bis heute dicht siedeln und eine kompakte Minderheit in Lettland bilden. Sie bedankte sich bei Illarions Ivanovs für die

Kontaktvermittlung zu dem nastavnik Aleksejs Žilko in Daugavpils, erzählte von der spontanen und herzlichen Führung Valerijs’ Plotnikovs’ und Zinaidas Zimovas in Jekabpils und von der unerwarteten Begegnung mit Vladimirs Nikonovs auf der Landstraße vor Rezekne und dessen uner-müdlichem Einsatz, uns nicht nur Stadt und Gemeindezentrum, sondern auch die Bethäuser der Umgebung zu zeigen. Anschließend übermittelte Verena Grüße von den Gemeindevorstehern in Latgale.
Diana sprach Lettisch und sagte, dass sie zuvor noch nie in Latgale gewesen sei, nie Daugavpils und Rezekne gesehen habe, sie habe sich sehr gefreut, endlich die östliche Region Lettlands „das Land der blauen Seen“ kennen zu lernen. Sie habe als Lettin nun die andere Perspektive kennen gelernt, die Sicht einer Minderheit. Das Leben der Altgläubigen in Lettland habe sie fasziniert und sie sei sehr angenehm überrascht darüber gewesen, wie warmherzig die Gruppe aus Deutschland empfangen wurde.
Besonders das praktische Erleben der Altgläubigen sei eine wichtige und faszinierende Ergänzung zum rein theoretischen Studium. Evdokija Dubova zeigte sich empört darüber, dass Diana als Lettin noch nie in Latgale gewesen sei („…eto paradoks…“). Ihre Kritik war für uns jedoch nicht nachzuvollziehen.
Charlotte erwähnte, dass sie vor dieser Exkursion nur als Touristin in Lettland gewesen sei und dabei gar nicht erfahren habe, dass es überhaupt Altgläubige gebe. Als besonders beachtenswert hob sie hervor, dass die Sprache der Altgläubigen nach wie vor Russisch sei. Für sie waren vor allem die Riten interessant. Da A. Emeljanovs von Charlottes Aufenthalt bei den Altgläubigen in Ostpreußen (siehe Exkurs: Die Philipponen in Ostpreußen) wusste, fragte er nach, ob diese sich sehr von den lettischen unterscheiden würden. Zum Zeitpunkt ihrer Reise hätten sich nur noch zwei Nonnen in dem Kloster befunden und deshalb sei ein Vergleich schwierig. Charlotte übergab ihm einen von ihr verfassten Aufsatz über die Altgläubigen in
Masuren. Ferner erwähnte Charlotte, dass ihr Interesse an Lettland schon irgendwie seit ihrer gemeinsamen Grundschulzeit mit einer Lettin bestehe, obwohl diese in die USA auswandert war und sich der Kontakt verloren hatte. Charlotte berichtete ausführlich von ihren emotionalen Eindrücken, den Gottesdienst und die Ikonostase betreffend. Besonders häufig betonte sie die praktischen Erfahrungen und die beeindruckend hautnahen Kontakte mit den Altgläubigen nach dem theoretischen Seminar.
Danach stellte sie fest, wie unterschiedlich man vor Ort auf unsere Bethausbesuche (in Daugavpils, Jekabpils und Rezekne) reagiert habe. Ulrike stellte sich vor und wurde gefragt, ob sie sich nur aus wissenschaftlichem Interesse mit den Altgläubigen befasse oder auch aus einem generellen religiösen Interesse. Sie erläuterte, dass in diesem Rahmen der wissenschaftliche Aspekt im Vordergrund stehe, sie aber natürlich auch privat und aus persönlichem Interesse all die Eindrücke aufnehme.

Thomas berichtete, in den deutschen Medien werde relativ wenig über Lettland berichtet und wenn, dann seien es oftmals Nachrichten über die Probleme zwischen den russischen und den lettischen Bevölkerungsteilen.

Dadurch sei auch seine Vorstellung von Lettland geprägt worden. Er habe gedacht, dass es kein Miteinander sondern eher ein Gegeneinander zweier Parteien in Lettland sei. Am Ende der Exkursion habe sich seine Vorstellung durch die Begegnung mit Altgläubigen, aber auch durch die Alltagsberührungen mit anderen Menschen in Lettland, grundlegend geändert. Im Alltag werde ein selbstver-ständlicher Umgang miteinander gepflegt. Es seien keine offensichtlichen Probleme zu spüren, sondern im Gegenteil, rei-bungslose Abläufe – mal auf Russisch, mal auf Lettisch, aber meistens gemischt. Er hoffe, dass das Bild von beiden Seiten weiter differenziert werden könne und bewertete die Exkursion in dieser Frage als erfolgreich. Es habe nicht an Beweisen gemangelt, dass Lettland „seit Jahrhunderten noch viel bunter“ sei als allgemein angenommen. Daraufhin betont Evdokija Dubova noch einmal den Unterschied zwischen Sowjetrussen und den Altgläubigen.
Die Altgläubigen lebten schon 300 Jahre in Lettland, sähen Lettland und vor allem „das Land der blauen Seen“ als ihre Heimat an und hätten auch mit Letten Seite an Seite für die Unabhängigkeit gekämpft. Dann wurde die Frage diskutiert, ob man von einer gespaltenen Gesellschaft sprechen müsse.
Es wurde festgehalten, dass man zwar von außen den Eindruck einer gespaltenen Gesellschaft bekomme, aber von Innen erkenne man mehr Vermischung und ein intensiveres Miteinander als oft behauptet werde. Festzuhalten blieb, dass die Altgläubigen eher als „ethno-konfessionelle Gruppe“ zu bezeichnen sind, statt den belasteten Begriff raskol’niki zu verwenden. Auch die Letten Latgales differenzieren sich sprachlich und religiös. Im Unterschied zum überwiegend protestantischen Bevölkerungsanteil Lettlands, ist die Mehrheit der Bevölkerung Latgales katholisch.
Ronald war besonders interessiert am Vergleich Altgläubige und Juden. Arnolds Podmazovs bemerkte, es habe bereits im 19. Jahrhundert in Deutschland Forschungen zum Thema Altgläubigentum gegeben.

Verena fragte nach der Rolle der Frau des nastavnik. Man antwortete, ihr werde eine sehr hohe Wertschätzung entgegen gebracht und sie habe eine wichtige Rolle. Dies werde in der Bezeichnung matuška (Mütterchen) deutlich. Auch bei den Orthodoxen habe sie einen hohen Stellenwert als Kulturträgerin und eine gewichtige Vermittlerrolle als Mutter in der Familie und Frau eines Geistlichen in der Gemeinde. In den letzten Jahren absolvierten viele Frauen als Nachwuchs-nastavniki eine höhere Ausbildung. Oft erlangten sie den Magistergrad in Geschichte oder Philosophie. Das erleichtere die gesellschaftliche Integration und helfe den Glauben zu bewahren. Wissen könne, so Nikolajs Ivanovs, den Glauben stärken. Er wies uns darauf hin, dass der junge nastavnik in Jekabpils ein sehr guter Sänger sei. Der Sänger Nikolajs Vasiljevs fahre sogar nach Suwalki und habe Auftritte in und Kontakte mit Riga.
Juliane war besonders interessiert an der Arbeit in den Gemeinden. Sie fand die Bethäuser faszinierend und war besonders über die sehr offene Aufnahme unserer Gruppe in den Gemeinden überrascht. Vor allem sei auch auf Seiten der Altgläubigen das Interesse, sobald weitere Fragen gestellt worden seien, insbesondere in Daugav-pils, erwacht. Sie stellte die Frage, ob die Altgläubigen in Lettland ein Interesse an Kontakten mit internationalen altgläubigen Gruppierungen hätten.

 Illarions Ivanovs nannte die bereits bestehenden Kontakte nach Russland, Weißrussland, Est-land, Litauen, Polen und selbst nach Alaska. Estland, Russland und Weißrussland waren auch mit Vorträgen auf der Konferenz vertreten. Ansonsten sei der Kontakt nach Litauen am inten-sivsten, wo ebenfalls bereits ein Kongress stattgefunden habe, über den im „Pomorskij Vestnik“ berichtet worden sei. Ansonsten sei religiöse Literatur (Psalter etc.) auch mit Priesterlichen (aus Alaska und Weißrussland) ausgetauscht worden. Er erwähnte außerdem den „Novaja Cerkov’“ (eine Gesellschaft der Altgläubigen, die sich für Altgläubige in Rumänien und Deutschland interessiert). Bei München soll es seines Wissens noch popovcy geben, die brieflich um den „Pomorskij Vestnik“ gebeten haben.

Juliane erkundigte sich nach altgläubiger Lyrik und Prosa. Illarions Ivanovs nannte uns ein paar Namen: Vasilij Baran-ovskij (aus Litauen), Georgijs Korolkovs (publiziert im „Pomorskij Vestnik“), Aleksejs Formakovs (ein bekannter Autor und Publizist in den 1920er aus Daugavpils) und A. Meduneckij, der in den 1920ern u. a. auch über die Gre-benšcikov-Gemeinde Satiren schrieb. Allerdings äußerte er Bedenken hinsichtlich der literarischen Qualität und wies darauf hin, dass das Ansehen dieser Schriftsteller bei den Altgläubigen umstritten sei, da sie „profane“ Literatur verfassten und sich nicht nur mit den Heiligen Schriften auseinandersetzten. Außerdem nannte er den russischen Schriftsteller Petr D. Borborekin, der 1904 den Roman „Die Verweltlichung“ („Obmiršenie“) verfasste. Azijs Ivanovs betonte, dass Altgläubige nicht gern über ihre religiösen Gefühle reden. Man spreche eher über die Welt und das Weltliche.
Daher gebe es weniger religiös gestimmte Literatur. Es werde eher über Profanes geschrieben. Der Glaube sei, wenn überhaupt, vor allem Thema geistlicher Verse. Diese wiederum würden sehr geschätzt und seien wichtig. Natürlich dürfe man Avvakum und seinen Lebensbericht nicht vergessen. Das „Žitie“ sei Literatur ersten Ranges. Im 17. und 18. Jahrhundert sei in Tradition des „Žitie“ geistliche Literatur entstanden, dann zumeist sborniki mit Lebensberichten wie derjenige von Andrej Denisov, dem Anführer der Vyg-Gemeinde und religiöse stichi. Der berühmteste Sammelband mit Märtyrer-Viten ist der „Pustozerskij Sbornik“. In diesem Kontext stellte A. Ivanovs provokant fest: Wissen und Bildung erhielten unter den Altgläubigen nur zum Teil eine hohe Wertschätzung, da das Erlangen von Wissen und Bildung auch das allmähliche Vergessen der Traditionen bedeute. Er warnte: Wissen könne das Seil eines Banditen oder aber eines Jägers sein.

Thomas fragte nach der Reaktion der Altgläubigen auf die Novelle N. Leskovs „Der versiegelte Engel“ und speziell auf den Schluss des Buches. Die Antwort fiel eher ausweichend aus. A. Podmazovs meinte, allgemein werde N. Leskov hoch eingeschätzt, weil er die Altgläubigen gegen den Staat verteidigt hatte. Nadežda Pazuchina wandte ein, nach seinem Riga-Aufenthalt habe N. Leskov seine Meinung über die Altgläubigen geändert.

Der Text sei unter jungen Leuten viel debattiert worden. Er sei aber für die heutige Wissenschaft interessanter als für gewöhnliche Altgläubige. Die Novelle sei ein frühes Werk gewesen und der Anschein missionarischer Absichten werde von Altgläubigen daher nicht überbewertet. Nach den vielen positiven Statements und trotz der Vorbereitung innerhalb des Seminars in Deutschland fragte Azijs Ivanovs provozierend nach den Problemen und Schwierigkeiten oder unangenehmen Situationen, die aufgetreten sein könnten bzw. nach Hinweisen, wie so etwas zu verhindern sei.

Juliane berichtete von den unbeantworteten Fragen in der Gesprächsrunde mit Trifons Kustikovs, dem nastavnik der Grebenšcikov-Gemeinde, trotz seiner großen Gesprächs-bereitschaft. Die Frage nach der lestovka sei nicht beantwortet worden. Auch die Bibliothek hätten wir nicht genauer besichtigen können. An dieser Stelle fühlten sich die Rigenser zu einem Wettbewerb mit ihren lettgallischen Glaubensgenossen herausgefordert. Azijs Ivanovs merkte kritisch an, unsere Erwartungshaltung sei eher zu hoch, er erwarte von Andersgläubigen gegebenenfalls Zurückhaltung bei Fragen in Bezug auf altgläubige Traditionen. Arnolds Podmazovs sagte, dass die Altgläubigen früher eher abgeschottet gewesen seien, aber das änderte sich seit den 1960er Jahren. Er selbst forsche seit den 1970er Jahren und sei bei seiner Arbeit über die Altgläubigen und mit ihnen grundsätzlich auf keinerlei Grenzen gestoßen.

Nur zweimal habe es Probleme beim Interviewen gegeben. Möglicherweise habe er durch seine berufliche Erfahrung keine Probleme und aufgrund dessen werde ihm das nötige Vertrauen entgegengebracht. Aber natürlich muss derjenige, der Vertrauen erwarte, auch mit auftretenden Schwierigkeiten rechnen. Sehr wichtig sei zu wissen, wie Altgläubige (liturgische) Bücher betrachten. Selbst, wie man das Buch hält, sei von Bedeutung. Nikolajs Ivanovs wies auf die Monografie von Arnolds

Podmazovs „Vecticibnieki Latvija“ hin, die von der Grebenšcikov-Gemeinde publiziert wurde. Azijs Ivanovs fragte, ob die rationale Begründung der analytischen westeuropäischen Wissenschaft im Widerspruch zum Denken und Empfinden der Altgläubigen stünde und ob es auch deshalb für uns „Westler“ schwierig sei, sie zu verstehen. Anders gesagt, inwiefern Wissen (-schaft) und Glaube überhaupt vereinbar seien? Ob Wissenschaft den Alten Glaubenü berhaupt adäquat darstellen könne?

Verena erwiderte, sie gehe von einem eher ganzheitlichen Verständnis des Alten Glaubens aus und sei deshalb auch auf Exkursion gegangen. Analytische Forschung sei das eine, die synthetisierende Darstellung historischer Phänomene und Ereignisse sowie eine ganz-heitliche Lehre und Vermittlung an Studierende das andere. Erst in der lebendigen Erfahrung könne man Geschichte verstehen. Eine Brücke zum Verständnis des Alten Glaubens seien die Ethik und das religiöse Gefühl in mono-theistischer christlich-jüdischer Tradition.
Evdokija Dubova merkte an, die Altgläubigen seien vor mehr als 300 Jahren als Vertriebene nach Lettland gekommen. Die Alt-gläubigen seien nie aggressiv und immer sehr hilfsbereit gewesen. Nur wenn es um ihre religiöse Welt ging, hätten sie sich ver-schlossen. Sie seien nun in die Gesellschaft integriert und sprächen Lettisch im Unterschied zu vielen Russen bzw. Ortho-doxen, die erst seit dem Zweiten Weltkrieg hier in ihrer „zweiten Heimat“ lebten. Sie würden heute ihre religiöse Freiheit genießen wie in der Ersten Republik.
Es sei offen, ob es gelingen werde, die eigenen Traditionen zu erhalten. Doch bleibe noch viel Arbeit: Forscher und Lehrer müssten gemeinsam mit den Altgläubigen viel für die Auf-arbeitung der Kultur und Geschichte der Altgläubigen tun. Die Historikerin erwähnte sich selbst als ein Beispiel für die Vereinbarkeit von Wissen und Glauben. Sie nahm an der Konferenz zur Geschichte der Russen in Lettland teil. Bei den Altgläubigen in Riga gebe es keine Hierarchie.
Die Gemeinde sei das höchste Gremium für religiöse Fragen. Die Gesellschaft der Altgläubigen in Riga kümmere sich auch um Sozialarbeit und sei an wissenschaftlicher Synergie interessiert.

Verena wurde von ihr für ihre Arbeit, die Vorbereitung und die Durchführung der Exkursion gelobt. Azijs Ivanovs schlug ein Treffen in Deutschland vor und regte sogar gemeinsame Feldfor-schung an. Er sprach von einer Wende in der Begegnung der Altgläubigen Lettlands mit Westeuropa. Nirgends werde der Alte Glaube so ernsthaft erforscht wie hier. Sie erklärten sich bereit, uns dabei zu helfen und hofften wiederum auf Hilfe in ihrer Arbeit. Er sprach von einem Forschungszentrum, das angedacht werden könne.

Nikolajs Ivanovs stellte sich eine Internationale Organisation der Altgläubigen-Forscher vor.

Illarions Ivanovs empfahl: Wissen solle in gemeinsamer Forschung erarbeitet und verarbeitet werden, dafür müssten aber alle Teilnehmer mit viel Vorbereitung an die Sache herangehen. Grundsätzlich sei eine gemeinsame wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Kultur und Geschichte der Altgläubigen möglich und für die Zukunft sogar wünschenswert. Er äußerte den Wunsch nach Aufrechterhaltung des Kontaktes. Wir tauschten Emailadressen aus und bekamen Informations-material überreicht.

Anschließend unterhielten wir uns angeregt in russisch, deutsch, englisch und lettisch.