Marc Ermer, U Göttingen
1996
Dieser Text als PDF (520KB)
Kein Vorwort
Ein praktischer Hinweis zum Aufbau dieser Arbeit: Die etwas gezwungene Trennung in „Einführung“ und „Einleitung“ soll unterschiedliche „Einstiege“ in das Thema ermöglichen. In der Einführung wird versucht, eine allmähliche Annäherung an jene Fragen nachzuzeichnen, die eben nicht nur der Konstruktivismus behandelt. Außerdem soll begründet werden, warum es überhaupt sinnvoll und notwendig ist, diesen Fragen nachzugehen. Die Einleitung hingegen konzentriert sich auf den Konstruktivismus und bietet eine schlagwortartige Charakterisierung sowie eine knappe Darstellung der biologischen Grundlagen.
Während der erste Teil also eher allgemeine Erläuterungen zum Konstruktivismus sowie Voraussetzungen für die Diskussion in der PuK. bietet, enthält der zweite Teil Zusammenfassungen von Aufsätzen zu spezielleren Aspekten des Konstruktivismus in der PuK. Diese sind möglichst quellennah wiedergegeben, weshalb zahlreiche Zitate und der Konjunktiv die Lesbarkeit möglicherweise erschweren.
Einführung
Es scheint eine wenig dankbare Aufgabe zu sein, wenn eine wissenschaftliche Strömung dargestellt werden soll, von der selbst ihre prominentesten Vertreter zugeben müssen: „[D]er Konstruktivismus ist kein einheitliches Theoriengebäude, das von einer homogenen Gruppe von Forschern entwickelt worden ist und bereits in lehrbuchhafter Form vorliegt. Vielmehr handelt es ich um einen Diskurs, in dem viele Stimmen aus ganz unterschiedlichen Disziplinen zu hören sind.“ (Schmidt 1994a: 4).
Eine ganze Reihe von Fragen ergibt sich bereits aus dieser unscheinbaren Feststellung: Wie ist der Konstruktivismus in Kategorien der Wissenschaftsgeschichte einzuordnen — „Strömung“ oder „Diskurs"? Wenn es kein Lehrbuch gibt — auf welche Texte soll man sich denn berufen? Welche „Stimmen“ und welche „Disziplinen“ sind da gemeint? Gerade mit der grundlegenden Frage zu beginnen, was der Begriff „Konstruktivismus“ bezeichnet, führt offenbar zu solchen Schwierigkeiten, daß (Schmidt 1994a: 4) es vorzieht, statt eines Definitionsversuches zunächst lediglich auf die Bereiche hinzuweisen, mit denen sich der Konstruktivismus hauptsächlich beschäftigt. Von diesen Themen führt Schmidt auf die theoretischen Ursprünge des Konstruktivismus. Diese wiederum faßt er zusammen in „Zugangsweisen": biologisch-neurowissenschaftliche, kybernetische, philosophisch-soziologische und philosophisch-psychologische.[1] Schmidt zählt hier drei Ansätze, konzentriert diese später (1994b: 593) auf zweie (Epistemologie und Empirie[2]) — und im allgemeinen wird der Konstruktivismus bezüglich seiner Herkunft auf einen neurophysiologisch-wahrnehmungspsychologischen Kern reduziert. Damit sei die Komplexität der Ausgangslage angedeutet. Beginnen wir erneut mit der Frage:
Was heißt „Konstruktivismus"?
Obwohl der Begriff nicht nur in der aktuellen Fachdiskussion[3] eine große Rolle spielt, scheint er keineswegs weit verbreitet. So findet sich kein entsprechender Eintrag in der Encyclopædia Britannica (181993). Der Brockhaus (191990, XXII: 298) bietet eine Aufteilung in vier Bereiche (Konstruktivismus in den bildenden Künste, Literatur, Mathematik, Philosophie/ Wissenschaftsheorie). Schon dadurch hat der Begriff recht unterschiedliche Bedeutungen[4]. Innerhalb des vierten Bereiches gibt es dann den wissenschaftstheoretischen Konstruktivismus, und in der Philosophie wird differenziert zwischen dem Erlanger und Konstanzer Konstruktivismus und dem Radikalen Konstruktivismus: Kein Wort von einem speziellen Konstruktivismus in der Kommunikationswissenschaft.
Der Konstruktivismus — ein Phantom?
Schwer greifbar scheint er, der Konstruktivismus. Wie wird er in Standardwerken der Publizistikwissenschaft behandelt? Fehlanzeige bei Pürer (51993). Das Fischer Lexikon erwähnt die „Konstruktion von Realität“ zumindest in seiner neuesten Ausgabe in den Abschnitten über Kommunikationstheorien und Nachricht. Und in der großartigen Bestandsaufnahme zur Medienwirkungsforschung von Schenk (1987: 435-41) findet sich die „Realitätskonstruktion“ im Schlußkapitel über „Fortschritte in der Medienwirkungsforschung". Es scheint ihn also zu geben, den Konstruktivismus[5] in der Kommunikationswissenschaft — wenn auch noch nicht als konstruktivistische Kommunikationswissenschaft.
Doch worum geht es bei 'unserem' Konstruktivismus? Die genannten Stichwörter deuten es bereits an: Grob eingegrenzen läßt sich der Erkenntnisgegenstand auf das Verhältnis von Medien und Wirklichkeit. Aus diesem Zusammenhang ergeben sich Fragen wie: Was ist Wirklichkeit? Können wir Wirklichkeit erkennen? Können wir Wirklichkeit vermitteln? Spiegeln Medien die Realität oder konstruieren sie eine eigene „Medienrealität"? Um die Relevanz dieser Fragen zu verdeutlichen, versuche ich die Konstruktivismusdebatte in einen Kontext einzuordnen:
Stichwort “Mediengesellschaft”
Zwei Phänomene charakterisieren die Bedeutung der Medien unter dem hier relelvanten Aspekt: Wir erleben ein in verschiedenen Dimensionen (Ausweitung der Sendedauer[6], Zahl der Sender, neue Medien, Aufsplitterung des Zeitschriftenmarktes etc.) gewachsenes und wachsendes Medienangebot. Aus der Tatsache, daß alle Medienangebote mehr oder minder dem ökonomischen Zwang der Marktwirtschaft ausgesetzt sind, kann man rückschließen, daß das gewachsenene Angebot mit einer ebnso gewachsenen Nachfrage korrespondiert.[7] Tatsächlich deuten alle statistischen Erhebungen darauf hin, daß die Mediennutzung zumindest quantitativ, also gemessen am Zeitaufwand, in den letzten Jahrzehnten stark angewachsen ist. Wenngleich die Nutzungsdauer sich bei einem (vorübergehenden?) Maximum einzupendeln scheint[8], ist unbestreitbar, daß ein erheblicher Anteil der Freizeit zur Mediennutzung verwendet wird.[9] Diese Feststellungen läßt die zunächst scheinbar triviale Schlußfolgerung zu, daß Menschen die Nutzung der Medien mit einen Nutzen bewerten (sonst würden die Ressource Freizeit, das knappe Gut Aufmerksameit eine andere Allokation erfahren).
Weltbilder
Diesen “Nutzen” genauer zu bestimmen ist eine Aufgabe der PuK. Die Qualität und die Motive der Mediennutzung sind m.E. auch für die Einschätzung des Konstruktivismus von grundlegender Bedeutung. Kaum verständlich wäre die Aufregung, wenn sich die Funktion der Medien tatsächlich darin erschöpfte, was Schulz (1986: 64) aufzählt: “Der überwiegende Teil dient der Unterhaltung, Ablenkung und Entspannung”. Nicht daß etwa die Eskapismusfunktion gering zu schätzen wäre, aber die allgemeine Relevanz der Frage nach jenem Zusammenhang von Wirklichkeit und Medien ergibt sich m.E. erst aus der Eigenschaft als Orientierungshilfe in einer überkomplexen Welt wie sie auch bei Schulz (1986: 64f) erkennbar ist: “Die Medien liefern den Ersatz für eigene Beobachtungen, die großtechnisch und großorganisatorisch produzierte Erfahrung schafft eine neue, eine Sekundärumwelt[10]. [...] Immer mehr von dem, was unsere Vorstellungen von der Realität ausmacht, ist Sekundärerfahrung, kennen wir nicht aus eigenem Erleben oder eigener Anschauung, sondern nur aus der Darstellung in Presse, Hörfunk und Fernsehen.” Die Verbindung zu den Auswirkungen zeigt das vielzitierte „Thomas-Theorem", demzufolge die Folgen von Situationen, die als real definiert werden, ihrerseits real sind.
Mit einer derart angedeuteten Abhängigkeit unseres Wissens von der Welt und dem darauf beruhenden Handeln ist die potentielle Bedeutung der Medien m.E. schon deutlich geworden: Die Frage nach dem Verhältnis zur Realität bleibt keine abstrakt-philosophische, sondern hat wissenschaftstheoretische, methodologische Konsequenzen von der Forschung bis zur Praxis des Journalismus sowie eben auch politische und politologische, soziale und soziologische Implikationen.[11]
Einleitung
Kehren wir nach der somit begründeten Relevanz der Grundfrage zu den anfänglichen Versuchen zurück, den Konstruktivismus zu lokalisieren. Von den „Stimmen“ und „Disziplinen“ war bereits die Rede; die verschiedenen theoretischen Voraussetzungen des Konstruktivmus können in dieser Arbeit nicht dargestellt, sondern nur erwähnt werden; insbesondere die philosophische Tradition des Erkenntniszweifels[12], das Konzept der Autopoiesis nach Maturana sowie die Systemtheorie von Luhmann[13].
"Wenn es kein Lehrbuch gibt — auf welche Texte soll man sich denn berufen?", lautete die zweite Frage. Der Konstruktivismus ist nicht einheitlich beschrieben, es gibt keine „Schule". Es gibt kein „allgemeingültiges“ Standardwerk oder Lehrbuch, die Publikationen zum Thema sind vielzählig und ihre Auslegungen vielfältig. Saxer (1993: 65) hat diese Situation umrissen mit den Attributen 'komplex', 'vieldeutig', 'schwach integriert'. Daraus leitet er die leichte Angreifbarkeit jeden summarischen Kritikversuches und die notwendige Eingrenzung der Bezugstexte ab.[14] Folglich konzentriere ich mich auf zwei jüngere Sammelbände: die Theorien öffentlicher Kommunikation[15] und die als „Einführung in die Kommunikationswissenschaft“ untertitelte Wirklichkeit der Medien; die Hinzunahme weiterer Texte bedeutet bei weitem nicht, daß vorliegende Arbeit allen Facetten der 'Konstruktivismen' gerecht zu werden versuchte.
Bleibt von den Eingangsfragen schließlich noch die der Einordnung des Konstruktivismus: In welche Kategorie gehört er? Von „Mode“ bis „Paradigma“ reicht die Bandbreite, mit denen der Konstruktivismus belegt wird.[16] Bereits die kleine Auswahl von Texten, mit der im folgenden konstruktivistische Positionen dargestellt und kritisiert werden sollen, umfaßt eine Vielzahl von Bezeichnungen, die selbst innerhalb einzelner Aufsätze nicht einheitlich verwendet werden — ein Indiz für die Unsicherheit gegenüber dem Konstruktivismus?. Einmal sind konstruktivistische Thesen lediglich „Metaphern“ (Haller 1993: 139). Der Konstruktivismus könnte aber auch eine „Partialtheorie“ (Saxer 1993: 68) sein. Oder ein „Modell". Oder vielleicht doch das neue Paradigma?[17]
Schmidt wählte zuletzt den unverdächtigen „Diskurs". Der hier vorgeschlagene Begriff einer „Strömung“ soll zweierlei zum Ausdruck bringen: Er ist ähnlich unspezifisch wie „Ansatz“ und soll damit widerspiegeln, wie schwer der Konstruktivismus einzugrenzen ist. Zum anderen soll er den Einfluß des Konstruktivismus veranschaulichen. Er trifft zwar keineswegs auf ungeteilte Zustimmung, konnte aber schon intensive Auseinandersetzungen hervorrufen.
Der Versuch, den Konstruktivismus in einem einfachem Satz vorzustellen, ist also leicht angreifbar: So wirft schon die moderate Formulierung 'Der Konstruktivismus ist ein neuerer Ansatz in der Kommunikationswissenschaft' nicht nur die Frage auf: Was ist ein „Ansatz"?, sondern auch: Wieso „neuer", neuer als was?.
Novität
Die Annahme, der Konstruktivismus biete der PuK etwas grundlegend Neues, bleibt zumeist unausgesprochen. Wiewohl auch in der wissenschaftsgeschichtlichen Rezeption das (als Nachrichtenfaktor bekannte) Attribut „neu“ relevant sein dürfte, erhebt z.B. Schmidt (1994: 5f) als Vertreter des Radikalen Konstruktivismus keineswegs den Anspruch, etwas grundlegend Neues einzuführen. Er formuliert „keineswegs revolutionäre Einsichten"; vielmehr habe er nur bestimmte Einsichten konsequent zu Ende gedacht (Saxer 1993: 67), was Haller (1993: 151) überspitzt: „Das Radikalste am 'Radikalen Konstruktivismus' ist seine Namensgebung". Schmidt (1994: 5f) verweist v.a. auf die lange philosophische Tradition[18], daneben jedoch auch auf Ansätze der Psychologie und der PuK selbst[19].
Attraktivität
Auch ohne das Prädikat „neu“ konnte der Konstruktivismus große Aufmerksamkeit im Fach wecken. Saxer (1993: 65f) gelingt es, diese Beobachtung „in den theoriegeschichtlichen Zusammenhang der Götterdämmerung der Sozialwissenschaften seit den 70er Jahren zu stellen". Diese Ausgangslage kennzeichnet er mit der „Zerbrechlichkeit der modernen Sozialsysteme", verbunden mit unzureichenden „linearen Theorien des sozialen Wandels". Aus dem „gesellschaftlichen Orientierungsverlust", der Unsicherheit über das „Makrogeschehen“ biete der Konstruktivismus in seiner Individuumszentriertheit einen — allerdings reduktionistischen — Ausweg. Als weitere Gründe für seinen Erfolg werden „ziemlich robuste“ Durchsetzungstechniken genannt, wenn der Konstruktivismus sich versteht als „eine imperiale Theorie, zu der man sich vollumfänglich bekennt oder als 'Objektivist' ausgegrenzt wird". Schließlich „immunisisert“ sich der Konstruktivismus (u.a. durch eine eigene Sprache) gegen fachliche Kritik.
Perspektivität
Als eine Bedingung für seine Verbreitung nannte Saxer die wissenschaftliche Flucht ins Individuum, die der Konstruktivismus ermögliche. Tatsächlich geht der Konstruktivismus von einer subjektivistischen Mikroebene aus, und nicht von einer Betrachtung aus der Makro-Perspektive. Ausgangspunkt sind neben der bereits angesprochenen philosophischen Tradition des Erkenntniszweifels v.a. naturwissenschaftliche Untersuchungen menschlicher Kognition. Durch Ergebnisse aus Neurobiologie, Sinnesphysiologie und Wahrnehmungspsychologie sehen sich Skeptiker teilweise bestätigt, da offensichtlich ist, daß unser kognitiver Zugang zur Welt zumindest sehr eng begrenzt ist und zudem indirekt erfolgt.
Selektivität
auf individueller Ebene: Beschränktheit der Sinne
Relativ gut erforscht ist die Wahrnehmung auf der Ebene des Individuums. Wir wissen, daß (mechanische, optische, chemische etc.) Reize über die Sinnesorgane in zunächst „bedeutunglose“ (elektrische) Erregung transformiert wird, aus deren „Interpretation“ (Bewertung) durch das Gehirn erst Bewußtsein und Wahrnehmung entstehen.[20]
Wir können über die Welt nur das erfahren, was unseren Sinnen zumindest indirekt (z.B. über Medien oder physikalische Meßgeräte) zugänglich ist. So ergibt sich schon aus unserer sensorischen Grundausstattung, daß wir für viele Phänomene der Welt von Natur aus 'blind' sind: Wir haben keine Sensoren für Magnetismus oder Radioaktivität. Zudem sind die Sinne, die wir haben, eng beschränkt: Die Reizbarkeit unserer optischen Rezeptoren ist auf einen vergleichsweise winzigen Ausschnitt im Kontinuum der elektromagnetischen Wellen begrenzt; schon UV-Strahlung und infrarote Wellen entgehen unserer optischen Wahrnehmung, ähnlich wie Infraschall und Ultraschall untere und obere Schranke unseres Hörspektrums.[21] Die Daten, auf denen unsere Wahnehmung beruht, sind also schon durch die Art der 'Erhebung' äußerst unvollständig. Hinzu kommt jedoch noch eine Selektion: Die Informationseinheiten werden durch einen neuronalen Filterungsprozeß weiter reduziert.
All diese Befunde machen überdeutlich, daß unsere Wahrnehmung sebst im 'Normalzustand' auf einer höchst unvollständigen Datenbasis aufbaut. Doch damit nicht genug: Die Reize, aus denen das Gehirn Informationen über unsere Umwelt konstruiert, sind oft für sich genommen schon Ergebnis einer Filterung, wenn wir uns an die eingangs dargestellte Medienrezeption erinnern. Dies führt zur Frage nach der...
Selektivität
auf Medienebene
"Das meiste, was auf der Welt passiert, berichten die Agenturen nicht. Das meiste, was die Agenturen berichten, wird nicht gedruckt und nicht gesendet. Das meiste was gedruckt oder gesendet wird, wird nicht gehört und nicht gelesen."[22] In dieser pessimistischen Einschätzung offenbart sich die Parallele, die auch der Konstruktivismus zwischen menschlicher Wahrnehmung und der „Wahrnehmung“ der Medien zieht. Durch eine Analogie wird der Charakter der selektiven Wahrnehmung übertragen vom Individuum auf soziale Systeme: „Man kann die Medien daher auch als 'kollektive Organe' begreifen", schließt Schulz (1989: 240). Seine Erläuterung kann zugleich als Einstieg in die Diskussion des Begriffes 'Konstruktivismus' dienen:
"[W]as die Medien als 'Ereignis' begreifen, ist bereits das Ergebnis von Selektions- und Verarbeitungsprozessen. Ereignisse sind in der natürlichen und sozialen Umwelt nicht 'roh' vorfindbar, so daß man sie mit ihrem journalistischen Abbild, den Nachrichten vergleichen könnte. Auch Ereignisse müssen erst als solche definiert werden, indem das kontinuierliche Geschehen interpunktiert, indem sinnvolle 'Figuren' von einem irrelevanten 'Hintergrund' abgehoben werden. Ohne derartige konstruktive Operationen des Betrachters ist Wahrnehmung, ist auch Nachrichtenberichterstattung nicht möglich."
Konstruktivität
... ist damit das Hauptmerkmal von Wirklichkeit: „Bei der individuellen Wahrnehmung [...] trifft der Beobachter nicht bloß eine Auswahl, sondern geht aktiv und schöpferisch vor“ (Schulz ³199X: 336). Der Vorstellung, daß Wirklichkeit (individuell) geschaffen wird, verdankt der Konstruktivismus wohl auch seinen Namen. Gerade solche Formulierungen jedoch hält Schmidt (1994a: 5) für irreführend. Er weist darauf hin, daß das umgangssprachliche Verständnis von „konstruieren“ (nämlich die Konnotation „planvolle, intentionale Herstellung") dem konstruktivistischen Verständnis zuwiderläuft. Dort nämlich bezeichnet Konstruktion Prozesse, „in deren Verlauf Wirklichkeitsentwürfe sich herausbilden".[23]
Diese willentlich nicht kontrollierbare Tätigkeit wird dem Subjekt erst dann bewußt, wenn es seine Aufmerksamkeit gezielt auf eben diese Vorgänge seiner Innenwelt (die Beobachtung beobachten) oder auf das Wie seines Handelns und Kommunizierens richtet (vgl. Schmidt 1994b: 595).
Die Wirklichkeitskonstruktion erfolgt also keineswegs willkürlich, und zwar weder willkürlich im Sinne von Steuerbarkeit[24] noch im Sinne von Beliebigkeit. Wirklichkeit konstruiert 'sich' vielmehr „gemäß den konkreten biologischen, kognitiven und soziokulturellen Bedingungen, denen sozialisierte Individuen in ihrer sozialen und natürlichen Umwelt unterworfen sind.“ Hieraus spricht nun der Versuch, das konstruktivistische Prinzip von seiner subjektivistischen Isoliertheit zu lösen und in einen gesellschaftlichen Kontext zu integrieren. So schreibt Schmidt (1994b: 593-5) mit Blick auf „Konstruktivismus und Kulturwissenschaften", daß kein Individudum „mit 'der Realität als solcher'“ umgehe, sondern „schon in eine sinnhaft konstituierte Umwelt hineingeboren“ werde. Hier soll der Sozialisationsaspekt eingebunden und damit die kulturelle Bedingtheit der Wirklichkeitskonstruktion aufgezeigt werden. Die Realität als solche ist durchaus existent, wird jedoch als kognitiv unzugänglich angenommen.[25] Unsere Vorstellungen von der Welt können nicht stimmen, sondern nur passen, wie es die Evolutionäre Erkenntnistheorie in 'darwinistischen' Termini nahelegt.[26] Unser „Weltbild“ kann nicht (und muß, ja dürfte gar nicht) die „wirkliche“ Welt widerspiegeln. Entscheidend ist allein Viabilität der Konstrukte: Sie müssen von einer Qualität sein, die dem Individuum das Überleben in dieser Außenwelt ermöglicht.[27]
Damit sind nun alle Elemente vorgestellt, die zum Verständis des Definitionsversuchs von Schmidt (1994b: 595) nötig sind. Ihm zufolge ist Wirklichkeitskonstruktion „ein empirisch hoch konditionierter sozialer Prozeß, in dem sich Modelle für (nicht von) ökologisch validen Erfahrungswirklichkeiten/Umwelten im sozialisierten Individum als empirischem Ort der Sinnproduktion herausbilden“.[28] Die wesentlichen Elemente seien jetzt nur stichwortartig wiederholt:
Übertragbarkeit
Bislang wurde die konstruktivistische Vorgehensweise neutral dargestellt. Die Übertragung naturwissenschaftlicher Ergebnisse von der individuellen Ebene auf gesellschaftliche Zusammenhänge, wie sie die konstruktivistiche Medientheorie vornimmt, muß m.E. jedoch sehr kritisch betrachtet werden. Zum einen wäre zunächst die Verläßlichkeit der naturwissenschaftlcihen Grundlagen zu untersuchen (so weist z.B. Haller (1993: 138-9) auf kritische Artikel hin, welche die Schlußfolgerungen von Humberto Maturana anzweifeln). Doch selbst von solch konkreten Zweifeln abgesehen ist es mE. grundsätzlich fragwürdig, ob oder in welchem Umfang Ergebnisse solch voraussetzungsreicher, spezieller naturwissenschaftlichen Disziplinen wie der Neurobiologie für Sozialwissenschaften relevant sein können, und ob bei den Versuchen der Übertragung nicht die Gefahr besteht, nur teilweise Verstandenes unbegründet als Erklärungsmuster auf sozialwissenschaftliche Phänomene anzuwenden.[29] Neben diesem wissenschaftstheoretischen Problem sei abschließend hingewiesen auf...
Konsequenzen
Welche Folgen haben die konstruktivistischen Annahmen? Was bedeutet es für die Forschung in der PuK, wenn die objektive Realität als unzugänglich angenommen wird? Wenn Medieninhalte keinen 'Inhalt' i.S.v. 'Bedeutung' mehr haben, sondern ihnen nur noch die Funktion eines Angebotes zur Sinnkonstruktion zugemessen wird (Schmidt 1994b: 615)?[30]
Was folgt daraus für den praktizierten Journalismus? Auch wenn es oft nicht expliziert wird, bedeutet die neue Betrachtung von Objektivität evtl., daß journalistische Aufgaben und die Qualität ihrer Erfüllung neu definiert werden müssen. Berührt scheinen tradierte Maximen wie die Trennung von Nachricht und Meinung, wenn denn die „Vermittlung“ der bare facts ohnehin nicht möglich ist. Diese und andere Implikationen des Konstruktivismus werden zumindest teilweise herausgearbeitet in den Aufsätzen, die der anschließende Teil II dieser Arbeit vorstellt.
Teil II: Texte zum Konstruktivismus
Der erste Aufsatz stammt von Winfried Schulz (1989), der mit seinem schon vor zwanzig Jahren erschienenen Werk Die Konstruktion von Realität in den Nachichtenmedien gewissermaßen zu den „Konstruktivisten der ersten Stunde“ gerechnet werden könnte. Wenn wir von der eingangs angedeuteten Medienabhängigkeit unseres Weltbildes ausgehen, stellt sich die Frage: Wie gut sind „die Medien“[31] geeignet, unser Bild von der wirklichen Welt zu fundieren?
Seinen vielzitierten Aufsatz über das Verhältnis von „Massenmedien und Realität“ leitet Schulz ein mit dem Hinweis auf die Tradition des Zweifels an einer „wirklichkeitsgetreuen“ Vermittlung durch die Medien. Dabei nennt er neben der wissenschaftlichen Auseinandersetzung insbesondere die Klagen von Politikern. Nach einer Liste typischer Vorwürfe gegen die Berichterstattung bietet Schulz „einen knappen Überblick“ über die vielfältige Forschungsliteratur. Da dieser Abschnitt als Hinführung zum eigentlichen Thema dient, seien die von Schulz identifizierten Kritikpunkte hier nur stichwortartig genannt:
Wiederholt zitiert Schulz das Fazit, die Berichterstattung sei „[v]erzerrt und unausgewogen“ (138) bzw. Massenmedien repräsentierten Wirklichkeit idR. nicht (139). Zur Erklärung dieser Beobachtungen verweist Schulz auf zwei Ansätze: Nachrichtenwert und Agenda Setting.
”Nachrichtenfaktoren“ sind Merkmale von Ereignissen, die deren Nachrichtenwert bestimmen im Sinne eines positiven Zusammenhangs mit der Publikationswahrscheinlichkeit. Diese Nachrichtenfaktoren werden im Falle der Publikation dann betont, womit ein zusätzlicher Grund für die systematische Verzerrung des „wahren Charakters“ der Ereignisse gegeben ist (139). Dem Agenda-Setting-Ansatz zufolge richten Massenmedien sich nicht nach der tatsächlichen Aktualität, und die Öffentliche Meinung werde durch Massenmedien nicht widergespiegelt, sondern geprägt (139). Schulz faßt zusammen: „Die Berichte der Medien sind oft ungenau und verzerrt, sie bieten manchmal eine ausgesprochen tendenziöse und ideologisch eingefärbte Weltsicht. Die in den Medien dargebotene Wirklichkeit repräsentiert in erster Linie die Stereotype und Vorurteile der Journalisten, ihre professionellen Regeln und die politischen Einstellungen, die Zwänge der Nachrichtenproduktion und die Erfordernisse medialer Darstellung. Sie läßt nur bedingt Rückschlüsse zu auf die physikalischen Eigenschaften der Welt, die Strukturen der Gesellschaft, den Ablauf von Ereignissen, die Verteilung der öffentlichen Meinung.“ Es geht hier also gar nicht mehr um eine (illusionäre) objektiv-realistische 1:1-Darstellung der Wirklichkeit, sondern um handfeste „Fehl-Leistung“ der Medien.
Aus dieser Feststellung ergeben sich für Schulz zwei Fragen: Welches sind die individuellen und kollektiven Folgen einer Orientierung an Medienrealität? Wie steht es um die journalistischen Prinzipien? Darauf seien nun „zwei grundsätzliche Antworten“ möglich in Abhängigkeit von grundsätzlichen Vorstellungen über das Verhältnis zwischen Medien und Realität (140). Die Antinomie „Realismus vs. Konstruktivismus“ vermeidend und dabei zugleich das „Paradigma-Konzept“ evozierend, belegt Schulz die beiden Positionen mit zwei Namen aus der Wissenschaftsgeschichte: Ptolomäus und Kopernikus. Die knappe Darstellung läßt sich in folgender Gegenüberstellung zusammenfassen:
Medien als Spiegel (die „ptolemäische“ Sicht) |
”Weltbildapparate” |
|
|
Der Kernpunkt der so skizzierten „kopernikanischen“ Sicht, Realität als das Ergebnis von Kommunikation, bedarf näherer Erläuterung. Das „Realitätskonstrukt“ setze sich nämlich zusammen aus externen und internen Informationen, wobei „externe“ aus der „Umgebung“ stammen und „interne“ dem System immanente „Erfahrungen und Regeln“ bezeichnen. Aus der Interaktion dieser „Schemata“ und externer Information entsteht Wirklichkeit. Dies gelte sowohl für individuelle als auch für mediale Realitätskonstruktion.
Als Konsequenz dieser Annahme ergeben sich für die theoretische Behandlung des Journalismus, daß die „Hypothese“ der Verzerrung nicht falsifizierbar ist. Aus dem „epistemologische[n] Dilemma“ (Wirklichkeit als immer verzerrt) bleibt allein die Möglichkeit, „verschiedene Realitätskonstrukte“ miteinander zu vergleichen und dadurch „näherungsweise“ an der „unbeeinflußten“ Realität messen. Allerdings betont Schulz, daß dieses epistemologische Problem „vorwiegend von akademischer, theoretischer Bedetung“ bleibt. Im Alltagsleben kämen pragmatische Lösungen (”Konvention oder ‘trial and error’”) zum Zuge, entscheidend sei, daß die Wirklichkeitskonstrukte „plausibel“ seien und handlungsfähig machten.[39] Diese Sicht schließt ein, daß das Handeln einer Gesellschaft auf „falschen“ Annahmen gegründet sein kann, womit Schulz zugleich die zumindest indirekte Erkennbarkeit der „Angemessenheit einer bestimmten Wirklichkeitskonstruktion“ impliziert.
Ganz anders wird aus „kopernikanisch”-konstruktivistischer Sicht die Wirkung von Medien betrachtet. An Stelle der passiven Vermittlung treten Wirkungsmodelle[40], in denen Medien eine „aktive, konstruktive Rolle“ spielen. Schulz nennt dazu 1. das framing: Das Verhalten von Individuen wird durch Medien in Abhängigkeit von deren Glaubwürdigkeit determiniert. 2. Die co-orientation: Individuen orientieren sich an der Medienrealität, die als „'virtuelle' Bezugsgruppe“ die Öffentliche Meinung im Sinne der Schweigespirale repräsentiert. Der 3. festgestellte reciprocity effect besteht in einer „Rückkopplung von den Massenmedien auf“ den Gegenstand ihrer Berichterstattung (das Ereignis wird durch die Beobachtung beeinflußt). Damit wird die Realität, über die Medien berichten, durch das Berichten „präformiert”.[41] Damit verwandt scheint die 4. als „Reflexivitätsmodell“ benannte Annahme, wonach allein der öffentliche Charakter der Medienrealität dazu führe, daß Rezipienten sich verhalten, als ob eine veröffentlichte Information allgemein bekannt sei.
Abschließend kehrt Schulz zu der eingangs aufgeworfenen Frage nach der Folgen für den praktischen Journalismus zurück. Obwohl Objektivität in „kopernikanischer“ Sicht nicht meßbar ist, bleibe sie doch „als ein abstraktes Ziel, als handlungsleitende Norm, als ein ‘Ideal’“ bestehen. Die entsprechende Forderung, „so genau und unparteilich wie möglich zu berichten“ nennt Schulz eine „methodische Objektivität”.[42] Dabei müsse Medienkritik entsprechende Defizite aufzeigen, dürfe sich jedoch nicht instrumentalitiseren lassen „für bestimmte partikulare Interessen”. Medienpolitisch entspricht dem (statt „Ausgewogenheit und Neutralität“ zu prüfen) die Förderung von „Vielfalt und Wettbewerb”.
Daß es in der „kopernikanischen“ Sicht notwendig Abweichungen „zwischen Ideal und Wirklichkeit“ gibt und keine „einzige, unstrittige, intersubjektiv verbindliche Definition von Realität”, führe zu einer toleranten Grundhaltung. Die „Konkurrenz verschiedener Definitionen von Wirklichkeit sowie die wechselseitige kritische Auseinandersetzung zwischen ihnen“ schließlich betrachtet Schulz als „die bestmögliche Annäherung an die objektive Realität”.
Eine Gemeinsamkeit zwischen Schulz (1989) und dem folgenden Aufsatz besteht darin, daß auch Weischenberg (1993) einen Dualismus konstruiert, d.h. zur Vereinfachung die Debatte auf zwei grundsätzlich verschiedene Positionen reduziert. Während Schulz zum Schluß eher die Berührungspunkte mit bestehenden Forschungsrichtungen der PuK aufzeigt, konzentriert sich Weischenberg hier auf notwendige Ausarbeitungen innerhalb des Konstruktivismus.
Ausgangspunkt seiner Betrachtung ist die andauernde (wissenschaftliche und nicht-wissenschaftliche[43]) Kritik, die an journalistischen Leistungen geübt wird. Basis solcher Kritik sei die Annahme, Medienaussagen mit der Realität vergleichen zu können. Gegen die „weltanschauliche Enge“ und die methodisch-theoretische „Sackgasse“ (127) der empirisch und praktizistisch betriebenen Journalismusforschung stellt Weischenberg den Konstruktivismus[44]. Der Konstruktivismus biete darüber hinaus die Möglichkeit, Makro- und Mikroansätze „bisheriger“ Kommunikationsforschung miteinander zu verbinden. Diese habe kognitive und soziale Systeme getrennt behandelt und nicht die Beziehungen (”strukturelle Kopplungen”) zwischen Individuum und Umwelt.
Das „Theorieangebot“ des Konstruktivismus skizziert Weischenberg (128) im Kontrast zum „realistischen“ mainstream. Seine Gegenüberstellung läßt sich wie folgt zusammenfasssen:
'hM' |
„Konstruktivismus und Systemtheorie” |
- allmächtige Medien |
- Wirklichkeitskonstruktion = subjektabhängig begrenzter Medieneinfluß |
- Falsifikationsmaßstäbe f. Medienrealität |
- kognitives System = autonom |
- Manipulationsvorwurf |
- Handlungsmaßstab = Verantwortungsethik |
- ontolog. Gewißheiten, absolute Bezugspunkte für Bewertung |
- Realität = kognitiv nicht zugänglich (biolog./ philosoph./ psycholog. Gründe) |
- Kausalitätsdenken Ursache-Wirkung |
- zirkuläre Strukturen (Selbstorganisation/ ~referenz sozialer Systeme) |
Als Kernpunkt des Konstruktivismus erscheint die Annahme[45] einer unzugänglichen Realität. Daraus ergeben sich verschiedene Konsequenzen für die Betrachtung des Journalismus.
Als erstes erteilt Weischenberg jenem technischen Verständnis von Medien eine Absage, demzufolge der Journalismus Informationen transportiere. Mit Rückgriff auf die Psychologie[46] werden die Medieninhalte als „Informationsangebote“ interpretiert, die für sich genommen noch keinen Sinn enthielten; dieser werde vom Einzelnen erst produziert. Kommunikation wird so zum „Prozeß individueller Sinnkonstruktion”, Journalismus und Medien zu sozialen Systemen, die Wirklichkeitsentwürfe anbieten (128). Weischenberg betont die Selbstorganisation und Selbstreflexivität dieser Systeme.
Des weiteren ergebe sich aus dem selbstreferentiellen, selbstorganisiernden und autopoietischen[47] Wesen kognitiver Systeme, daß die von ihnen erzeugten Wirklichkeitskonstruktionen nicht absolut beurteilt werden könnten.[48] Entscheidungen wie „wahr“ oder „falsch“ gebe es nur im „Referenzbereich”; Maßstab sei nicht die „Umwelt“ (also die Realität), sondern miteinander vergleichbar seien lediglich Konstruktionen. Der Journalismus könne beispielsweise nur an der „Glaubwürdigkeit und Nützlichkeit seiner Informationsangebote“ gemessen werden (nicht jedoch an der Realitätsadäquatheit seiner Darstellungen).
Die Bedeutung von Wirklichkeitskonstruktionen liege darin, daß sie die Handlungsfähigkeit bestimmen. Obwohl jede Wirklichkeitskonstruktion subjektabhängig ist, sei sie „nicht willkürlich”. Durch intersubjektive Vereinbarungen werde sie verbindlich; diese Abstimmung erfolge „in einem permanenten sozialen Prozeß“ (129). An dieser Konsensbildung orientierten sich Journalisten.[49]
So wie für die „kognitiven Systeme“ auf Rezipientenseite gelte natürlich auch für Journalisten, daß keine Aussagen über die „Welt-an-sich“ möglich seien, sondern „Tatsachen“ individuell konstruiert würden; der Einzelne (Journalist) entscheide, welche Ereignisse wie bedeutend seien (130).[50] „Objektivität“ gebe es nicht in dem Sinne, daß die „objektive Realität“ erkennbar und sprachlich abbildbar sei. Was bleibt, ist die „(Objektivität)”, die „relative“ Wirklichkeit[51] eines Individuums. Daraus leitet Weischenberg ein wenig unvermittelt die Verantwortung des Jounalisten für die von ihm verbreiteten Medienaussagen ab.[52] Als Besonderheit journalistischer Wirklichkeitskonstruktion wird hinzugefügt, daß sie von „professionellen Regeln und Schemata“ sowie „durch die Strukturen der Medienbetriebe“ geleitet werde. Mit diesem Hinweis sind die zusätzlichen „überindividuellen“ Bedingungen der medieninduzierten Wirklichkeitskonstruktion angesprochen: der ökonomische, polititische und technische Einfluß auf Medienangebote.
Im folgenden äußert sich Weischenberg zur wissenschaftstheoretischen Qualität des Konstruktivismus. Dabei meldet er zunächst Zweifel an, ob eine „konstruktivistische Medientheorie oder gar Journalismustheorie“ überhaupt möglich sei und betont, daß „die radikalen Konstruktivsten“ selbst lediglich den Anspruch eines Modells erhöben. Dessen „Nützlichkeit“ bei der Erklärung von Kommunikationsprozessen sei vermutlich größer denn seine Anwendbarkeit speziell auf „das soziale Funktionssystem Journalismus”, auf die Prozesse der sog. „Massenkommunikation”[53].
Auch wird kein „Paradigmenwechsel“ behauptet. Vielmehr weist Weischenberg darauf hin, daß einige „konstruktivistische“ Elemente bereits praktiziert werden (so die Abkehr von linearem Denken; die Konzentration auf den Rezipienten). Nebenbei wird als Problem des Konstruktivismus endlich die bislang ungeklärte Kluft benannt „zwischen der sozialen Konstruktion von Wirklichkeit und der letztlich entscheidenden Wirklichkeitskonstruktion im Individuum“ (131f). Weitere Berührungspunkte mit dem Konstruktivismus werden in der Debatte um Objektivität und Glaubwürdigkeit gesehen, in der Medienethik und insbesondere in der langen Tradition der Nachrichtenforschung: Lippman wird als Vorbereiter des konstruktivistischen Realitätsbegriffes präsentiert, und die berühmte Untersuchung von Galtung/Ruge markiere den Beginn einer allgemeinen Abkehr von der Annahme, es gebe eine „wirkliche Realität”, an der die durch Journalisten dargestellte Realität gemessen werden könne.[54]
Ausgehend von den verschiedentlich identifizierten „Nachrichtenfaktoren“ zeichnet Weischenbeg das Bild eines Mediensystems, in dem eine weitgehend konsensualisierte Wahrnehmung der Jounalisten zu „konsonanten oder sogar uniformen“ Aussagen führe. Der „Nachrichtenwert“ habe sich als Hilfskonstruktion zur Erleichterung von Selektionsentscheidungen[55] herausgebildet und wird als eine „journalistische Hypothese von Realität“ betrachtet (133).
Selbst wenn es eine objektive Realität gebe[56], sei auch jeder Journalist in der Subjektivität seiner Wahrnehmung gefangen. Die objektive Realität bleibt unzugänglich, und damit gilt: „[J]ede Aussage über diese Realität ist eine Konstruktion”. Für die Forschung habe dieser Verzicht auf einen absoluten Bezugspunkt zwei Vorteile: Zum einen (= analytisch) erlaube er, „den Blick auf die Prozesse und Effekte von Selbstorganisation und Selbstreferenz zu richten”[57], und zum anderen (= normativ) eine Entideologisierung und die Befreiung von den „äußere[n]“ Maßstäben einer Weltanschauung.
Schließlich skizziert Weischenberg einige Konsequenzen, die sich für die Journalismusforschung aus radikal konstruktivistischer Perspektive ergäben. Den bereits genannten Thesen (Abkehr von Medien als Transporteuren hin zu autonomen Konstruktionsprozessen der Produktion und Rezeption; zirkuläre Strukturen von Selbstorganisation und Selbstreferenz; multikausale Zusammenhänge „ganzheitlicher [...] vernetzen”) fügt er hinzu:
Kategorisierungen wie der Nachrichtenwert sind als konsensuelle Phänomene zu interpretieren,
das Verständnis von „Objektivität“ beschränke sich auf das einer „brauchbaren Prozedur“ und „handlungsleitenden Norm“ (133),
individuelle und soziale Konstruktion sind v.a. durch Untersuchen der Sozialisation zu verbinden.
Dadurch würden schon Untersuchungen auf Mikro-Ebene komplizierter, und Weischenberg räumt auch ein, daß „Makro-Themen“ wie die Ökonomie der Medien in ein konstruktivistisches Modell schwer einzuordnen sind.
Als Ausblick führt Weischenberg notwendige Weiterentwicklungen an (135). Zu klären seien Fragen zur Autonomie und Macht der Aussagenproduktion durch Journalisten, der fraglich-autopoietische Charakter des Journalismussystems, die Operationalisierung der Viabilität von Wirklichkeitskonstruktionen sowie der Begriff „Wirklichkeit“ vor dem Hintergrund des Postulats einer prinzipiellen Nichtunterscheidbarkeit von Illusion und wahrgenommener „Wirklichkeit”.[58] Schließlich wird erneut die Verbindung von sozialen und kognitiven Systemen beschworen, die in der Journalismusforschung zu erreichen sei durch einen Übergang „von der traditionellen Einstellungs- auf die Handlungsebene“ (136). Als notwendige Ergänzung der als unzureichend betrachteten Ergebnisse traditioneller Kommunikatorforschung, also (indiviudeller) Einstellungen, nennt Weischenberg die Untersuchung sozialer Strukturen hinsichtlich ihrer Bedeutung für den Zusammenhang zwischen Vorstellungen und Handeln.
Während Weischenberg einen eher wissenschaftstheoretischen Schwerpunkt setzt und dabei den Konstruktivismus grundsätzlich befürwortet, beläßt der nächste Autor es nicht bei einzelnen Modifikationen und Einschränkungen. Bentele (1993) geht zudem etwas stärker auf den praktischen Journalsimus ein und stellt zum Schluß (wie schon in seiner Antrittsvorlesung) die Frage: Wie wirklich ist die Medienwirklichkeit?
Bentele gliedert seinen Aufsatz in acht „Kapitel”, in deren Verlauf die gegensätzlichen Positionen dargestellt und schließlich in einem eklektischen Kompromißvorschlag zusammengeführt werden. Zunächst vereinfacht er in seiner Einleitung, ähnlich wie zuvor schon andere, die Diskussion auf zwei „Ansätze”.[59] Als Kernpunkte der Auseinandersetzung um Konstruktivismus und Realismus identifiziert er fachliche Grundbegriffe, die Leistung der Medien, Relationen zwischen den Elementen von Kommunikation sowie die Methodologie. Folglich betrachtet er jenen „kleinen Paradigmenstreit“ als Chance, „wichtige theoretische Grundlagen des Faches zu diskutieren.”
Nach dieser Einordnung werden konstruktivistische Theoreme referiert und kritisiert. Als „sinnvoll“ bezeichnet Bentele die in der Individualperspektive des (radikalen) Konstruktivismus begründeten Aufmerksamkeit für die subjektive Tätigkeit der Kommunikanden; dagegen behindere eben diese „Einsichten in Zusammenhänge interpersonaler, wie auch öffentlicher Kommunikation”(153). Anders als die Konstruktivisten hält Bentele die Frage nach dem Realitätsgehalt von Medieninhalten, für sinnvoll (was einen Glauben an die Erkennbarkeit „der“ Wirklichkeit vorausssetzt).
Für die weitere Diskussion schlägt Bentele drei Ebenen vor, auf denen sich unterschiedliche Fragen stellen: Praxis ( Normen, alltagsnotwendige Annahmen), PuK ( prinzipielle Frage: Vergleichbarkeit Wirklichkeit – ihre Darstellung) und Epistemologie/ Wissenschaftstheorie (Grundsätzliches wie Verhältnis Mensch – Natur, Erkennbarkeit der Welt).
Im vierten Abschnitt erfolgt eine Rekonstruktion der „Paradigmen”, wobei Bentele auf die Bandbreite der Positionen hinweist, die unter der jeweiligen Bezeichnung firmieren. Die „Realisten“ werden unterteilt in „naive“ und „elaborierte”. Erstere gehen (deskriptiv) davon aus, daß Medien die Realität abbilden bzw. solches (normativ) fordern. Die „elaborierten Realisten“ hingegen verwenden den Begriff des „Abbildens“ als Metapher, wobei eine gewisse „Unschärfe“ vorausgesetzt wird. Als Konsequenzen dieses Verständnisses ergebit sich für Journalisten die Forderung nach getreuer Wiedergabe der Wirklichkeit[60]. Für die PuK bedeutet es, daß Vergleich möglich und nötig ist; dazu werden subjektive Wirklichkeiten mit „extra- und intramediale Daten“ in Beziehung gebracht (158).
Den Konstruktivisten bleibt eine ähnlich differenzierte Darstellung durch Bentele versagt. Ihnen wird pauschal unterstellt, die Existenz einer unabhängigen Realität zu leugnen.[61] Als Folge dieser Annahme für die Forschung ist es prinzipiell unmöglich, Bericht und Wirklichkeit miteinander zu vergleichen. Die Frage nach dem „richtigen“ Bild, d.h. der Vermittlung von Realität sei nicht beantwortbar. Darüber hinaus verweist Bentele auf die Ablehnung bzw. Umdeutung bestimmter Begriffe wie „Wahrheit“ oder „Objektivität”. Der journalistischen Arbeit i.S. eines Erfassens und Darstellens von Realität werde mit dem konstuktivistischen Verzicht auf den Wirklichkeitsbegriff das Fundament entzogen (159).
Die folgende Problematisierung der verschiedenen Ansätze beschränkt sich beim Realismus auf dessen Erklärungsschwäche hinsichtlich der „subjektiven Anteile des einzelnen Journalisten an der Berichterstattung“ und der „strukturellen Leistungen des Mediensystems”, sowie gegenüber nicht-genuinen Ereignissen. Der Kritik konstruktivistischer Annahmen wird demgegenüber ca. achtmal so viel Raum gewidmet. Die Vorwürfe lauten, der Konstruktivismus vereinfache, sei mißverständlich, trivial und enge ein.[62] Im einzelnen wird ausgeführt, daß die häufige Polarisierung durch Konstruktivisten unangemessen sei; viele Begriffe schließen sich laut Bentele nicht automatisch aus, sondern könnten integriert werden. Die zentrale Metapher des „Konstruierens“ wird mit den Vorwürfen der Vereinfachung und Mißverständlichkeit belegt. So lehnt Bentele — die Existenz einer beobachterunabhängigen Realität voraussetzend — die seltsam anmutende Formel ab, derzufolge erst Kommunikation Wirklichkeit konstruiere (160f).[63] Des weiteren beharrt er auf der Unterscheidbarkeit von Ereignis und des Bericht darüber („Differenz [...] unaufhebbar“, 161). Eine „Konstruktion“ erkennt Bentele erst dann in der Berichterstattung, wenn Ereignisse nicht genuin, sondern durch Journalisten selbst hervorgerufen werden; dies bezeichnet er zugleich als „intentionale Verfälschung bzw. Verzerrung der Wirklichkeit“ (161). Des weiteren kritisiert er die fehlende Unterscheidung „zwischen der ontologischen und der gnoseologischen Konstruktion". Wenn alles Konstruktion wäre, resultierte dies in der Ununterscheidbarkeit von Zeichen und Bezeichnetem.[64] Dies widerspricht der Alltagserfahrung, weshalb Bentele (162) vermutet, daß unter „Konstruktion“ lediglich zu verstehen sei, für Rezipienten existiere wegen der Nicht-Wahrnehmbarkeit der berichteten Wirklichkeit nur die berichtende Medien-Wirklichkeit. Wenngleich diese Interpretation die nicht-mediale Konstruktion von Wirklichkeit vernachlässigt, bleibt als Kritikpunkt festzuhalten die Mißverständlichkeit der „Konstruktionsmetapher".
Der Vorwurf der Trivialität zielt darauf, daß Konstruktivisten nicht nach den Gründen von Unterscheidungen bzw. der Unterscheidbarkeit selbst fragten. So betrachtet Bentele es offensichtlich als selbstverständlich, daß nicht die Realität und ihre Darstellung miteinander vergleichbar seien. Zu recht weist er auf das Phänomen hin, daß wir zwischen Realität und ihrer Darstellung unterscheiden, und daß wir auch innerhalb der Darstellungen differenzieren können in präzis, adäquat etc.
Des weiteren versucht Bentele nachzuweisen, die Konstruktivisten widersprächen sich selbst, wenn sie etwa „Wahrheit“ für unerreichbar erklären und zugleich mit dem Verteidigen ihres Ansatzes einen Wahrheitsanspruch offenbarten (ohne einen solchen würde schließlich auch jeder Wissenschaftsanspruch aufgegeben; 163). Darüber hinaus verrieten Begriffe wie „Vorurteile“ oder „Mißverständnisse", mit denen Konstruktivisten wie Schmidt in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung ihre Position zu verdeutlichen suchen, daß es eine „richtige“ Interpretation gebe.[65]
Schließlich behauptet Bentele, daß aus dem Konstruktivismus eine Einengung der Kritikmöglichkeiten folge. Seinen Befürchtungen zufolge sei es streng konstruktivistisch nicht mehr möglich, unterschiedliche Qualität im Journalismus zu messen (etwa durch den Vergleich der Berichterstattung mit Statistiken). Seine Darstellung unterschlägt das Merkmal der Konsensfähigkeit von Wirklichkeitskonstruktionen und beruft sich allein auf das (in der Tat unzureichende) der Glaubwürdigkeit. Zwar gibt Bentele selbst Beispiele für Ereignisse, in denen verschiedene „glaubwürdige Versionen“ der „Wirklichkeit“ relevant wurden, besteht jedoch schon im nächsten Satz wieder auf der „wahrheitsgetreuen Berichterstattung". Soviel zum Vorwurf der Selbstwidersprüchlichkeit.
In seinem sechsten „Kapitel“ untersucht Bentele dann die „Konvergenz“ bzw. Integrationsmöglichkeiten der beiden Ansätze. Als der „andere“ Ansatz entpuppt sich jedoch eine „Evolutionäre Erkennnistheorie“ — und nicht etwa der Realismus, wie die einleitende Gegenüberstellung annehmen ließe. Zu den Gemeinsamkeiten stellt Bentele fest, daß allgemein die Existenz der Realität angenommen wird (also kein ontologischer Solipsimus bei den Konstruktivisten). Allein ihre Erkennbarkeit wird unterschiedlich eingeschätzt: Der epistemologische Solipsimus der Konstruktivisten besagt, daß wir nicht mehr über die Realität wissen können, als daß es sie gibt. Unterschiedlich auch die Einschätzung der Möglichkeit von Kognition und Kommunikation, die beim Konstruktivismus eher pessimistisch ist. Gemeinsam wiederum ist beiden Ansätzen ihre naturwissenschaftliche Fundierung aus verschiedenen Disziplinen, die Benetele allesamt als „empirisch vielfältig und mu[l]tidisziplinär bestätigt“ sowie als „gut miteinander kompatibel“ bewertet. Unterschiede hingegen zeigten sich in dem Verhältnis von Innen- zu Außenstruktur (erkennendes Subjekt zu Erkenntnisobjekt). In diesem Zusammenhang stellt Bentele die Frage nach der unterschiedlichen Qualität (dem „Erfolg") von Konstruktionen, die traditionell anhand von „Wahrheit“ oder „Objektivität“ gemessen werde. Dabei versucht Bentele nun die entsprechenden Termini des Konstruktivismus bzw. der „EE“ gegeneinander auszuspielen, also „Viabilität“ vs. „Passen".[66] Trotz seiner erklärten Höherschätzung des letzteren läßt Bentele generös offen, welches „Paradigma“ sich als „überlebensfähiger“ erweisen wird.
Im siebten Abschnitt kommt Bentele dann auf seinen bereits angekündigten Lösungsvorschlag, eine rekonstruktive Synthese. Diese beruht auf der „EE", die in vier Annahmen vorgestellt wird: Die Realität sei „zumidest teilweise“ der Erkenntnis zugänglich (166). Subjektive Erkenntnis wird als auf allen Ebenen (also auch der wissenschaftlichen wie der jounalistischen) perspektivisch, selektiv und konstruktivisch betrachtet.[67] Biologische Wahrnehmungsautomatismen zur Komplexitätsreduktion werden auf systemische Ebene projiziert. Subjektive Erkenntisstrukturen „passen“ zu objektiven, was zugleich „einen sehr differenzierten Repräsentationsmechanismus“ darstelle, wie ihn der Konstruktivismus nicht biete (167).
Ausgangspunkt für Benteles „rekonstruktiven Ansatz“ ist die Übertragung von individuell gültigen Erkenntnissen auf Systeme, was „durch das systemtheoretische Vorgehen möglich und legititmiert“ werde. Er fomuliert dazu fünf Positionen: ¹Es gibt eine ontologisch größtenteils beobachterunabhängige Realität, eine Formulierung, die sowohl die Alltagsannahme einer unabhängigen Realität als auch beobachtungsgenerierte Phänomene ("Medienereignisse") umfassen soll. ²Berichterstattung setzt ein „Wechselspiel“ zwischen objektiver Wirklichkeit und subjekitver Erkenntnis voraus. ³Teile der Realität sind „sozial konstituiert", und davon wiederum ein Teil durch Medien. 4Nachrichten sind jedenfalls „Rekonstruktion“ von Realität; ihre Wirklichkeitsnähe ist meßbar. 5„Wahrheitsgemäße und objektive Berichterstattung“ ist möglich.
Auf Grundlage dieser Positionen sieht Bentele die Möglichkeit für eine Theorie öffentlicher Kommunikation, „die journalistische Berichterstattung als mehrstufige Realitätsrekonstruktion begreift". Er weist daruf hin, wie gut die vorgenannten „Erkenntinsprinzipien“ Selektivität, Perspektivität und Konstruktivität mit kommunikationswissenschaftlichen Teilthoerien kombinierbar seien. Auch in seinem Ansatz ist von „Verzerrung“ die Rede, sowie von einem „Unschärfemechanismus". Dieser soll die strukturelle Vergleichbarkeit von individueller Wahrnehmung und öffentlicher Kommunikation bewirken.
Unter der „Rekonstruktion“ versteht Bentele „die Fähigkeit, sich auf reale Doinge in der Umgebung des Organsimus mit einer ausreichenden Präzision beziehen zu können“ (169). Wie „ausreichende Strukturähnlichkeiten“ im Gehirn aussehen sollen, weiß er jedoch auch nicht. „Ähnlich unpräzise", so Bentele, „wie der biologische Wahrnehmungsapparat“ sei auch der des Mediensystems. Diese Analogie würde mit unserer Alltagserfahrung korrespondieren, wonach wir uns mit Hilfe der Medien zurechtfinden können „in den Räumen und Bereichen, die uns in der Regel nicht mehr durch unmittelbare Wahrnehmung und Kommunikation zugänglich sind". Unter Berufung auf die Evolutionsbiologie kommt Bentele also zu einem Schluß, der sowohl optimistischen Kommunikationswissenschaftlern als auch dem gesunden Menschenverstand zusagt: „Mediensysteme produzieren trotz aller Unschärfe und trotz aller Unterschiede meist ein ausreichend adäquates Bild über das Geschehen in lokalen, regionalen und internationalen Räumen. Ansonsten könnten wir uns überhaupt nicht über das politische, wirtschaftliche, sportliche oder kulturelle Weltgeschehen informieren."
Als Analogon zur Genese der menschlichen Sprache benennt er auf der Ebene der Mediensysteme die Entwicklung von „Berichterstattungsnormen“ zwischen Objektivität und Glaubwürdigkeit als Kriterien (170). Und in einer weiteren evolutionistischen Analogie deutet er „Diskrepanzerfahrungen des Publikums“ gewissermaßen als Auslöser der 'Auslese' im Mediensystem, welche ökonomisch und über Imageverlust erfolgt.
In seinem letzten Abschnitt stellt sich Bentele die Titelfrage: „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“, wobei das „Wie“ nicht nach dem „Wie sehr“ fragt, sondern „In welcher Art“. Bentele weist auf unterschiedliche Bedeutungen des Begriffs „wirklich“ hin. „Wirklich“ im Sinne von „real existierend“ sei die Medienwirklichkeit als Zeichenwirklichkeit. Diese könne wahrgenommen und untersucht werden. Wirklichkeit und Medienwirklichkeit sind unterscheidbar, und in beiden könne zwischen „richtig“ und „falsch“ erkannt werden. — Die „Repräsentation anderer Wirklichkeiten", d.h. von Wirklichkeiten, die für andere „wirklich“ im erstgenannten Sinne ist, müsse „wirklich“ im Sinne von „genau, präzise“ sein. Solche Übermittlung „richtiger“ Information sei „überlebensnotwendig“ (171). In dieser „Repräsentation“, dem „permanente[n] Versuch der Herstellung adäquater (objektiver) und damit brauchbarer Medienwirklichkeiten“ sieht Bentele (neben der Produktion von Fiktionen) die „Hauptleistung der Medien“. Aufgabe der PuK sei dabei zu untersuchen, wie und wie genau „andere Wirklichkeiten repräsentiert werden bzw. verzerrt werden". — „Wirklich“ im Sinne von „wirkend“ sei Medienwirklichkeit schließlich als „realer Konstitutionsfaktor für die gesellschaftliche Realität und für die individuellen Vorstellungen“ (und Verhalten). Medienwirklichkeiten, faßt Bentele zusammen, stünden also zwischen dem naiv-realistischem „Abbild“ und von der Wirklichkeit losgelösten Konstrukten. Die von ihm entworfenene „Rekonstruktion realer Ereignisse“ durch Medien will Bentele nicht nur deskriptiv, sondern auch normativ verstanden wissen, da ohne sie „die Abweichung von den Realitäten vermutlich größer wäre“.
Mit dieser Forderung wird die eingangs von Schulz aufgeworfenen Frage nach den Konsequenzen für die journalistische Praxis wieder aufgenommen. Daran schließt Haller (1993) hier an: Journalistisches Handeln: Vermittlung oder Konstruktion von Wirklichkeit?
Seinem Aufsatz über „Journalistisches Handeln“ stellt Haller voran, daß keine kommunikationswissenschaftlichen, sondern naturwissenschaftliche Aussagen die Grundlage des Radikalen Konstruktivismus bilden. Genau diese Grundlage schickt Haller dann sich an zu unterminieren, indem er drei Aufsätze zitiert, welche die Glaubwürdigkeit Maturanas angreifen. Zudem zweifelt er die Übertragbarkeit an: „Vollends fragwürdig ist die Ausweitung dieser Postulate auf soziologische Makrosysteme“ (139). Sein Fazit: Die Thesen des RK könnten höchstens als Metapher dienen.
Er reduziert den Konstruktivismus vom Status einer Theorie auf die Ebene der Thesen und Modelle (140). Derart domestiziert gesteht Haller dem Konstruktivismus einen recht eng begrenzten heuristischen Wert zu: Abgesehen von einer gesamtwissenschaftlichen Perspektive, in der sich das Autopoiesis-Konzept Prigogines „dissipiativen Strukturen“ subsumieren lasse, böte der konstruktivistische Wirklichkeitsbegriff die Gelegenheit zum „kritsche[n] Überdenken tradierter und leichthin akzeptierter Normen im Praxisfeld des journalistischen Handelns”. Konsequenz aller konstruktivistschen Konzepte sei die Absage an den objektivistischen Wirklichkeitsbegriff, dem ein systembezogener Wirklichkeitsbegriff gegenüberstehe. Dieser unterschiedlichen Betrachtungsweisen, so Haller, kennzeichnen „den Journalismus in seiner funktionalen Widersprüchlichkeit”.
Bevor er im nächsten Abschnitt journalistisches Handeln unter „konstruktivistischen“ Aspekten beschreibt, trifft Haller eine wesentliche Eingrenzung: Er unterscheidet bei den „Berufskommunikatoren“ zunächst, ob überhaupt der (evtl. hypothetisch zu unterstellende) Anspruch der „Wirklichkeits”-Vermittlung besteht. Damit fallen offensichtlich fiktionale und ludische Medieninhalte (etwa Spielfilme ud Gameshows) aus seiner Untersuchung heraus. Des weiteren trennt er bei den nicht-fiktionalen Formen solche ab, die per se subjektive Elemente enthalten (Reportagen, Glossen etc.). Haller beschränkt sich also auf den am wenigsten offensichtlich konstruktivischen Bereich des nachrichtlichen Journalismus.[68]
Hierbei nimmt er einen vom beobachtenden Subjekt unabhängigen Geschehensprozeß der „realen Lebenswelt“ an (142). Ereignisse daraus referiere der (nachrichtliche) Journalist. Auf diesem „vermittelnden“ Funktionsverständis beruhen auch die legislativ und judikativ formulierten Ansprüche an die Medien[69]. Bei genauerer Betrachtung der damit verbundenen Forderungen wie der „Sorgfaltspflicht“ offenbart sich laut Haller, daß die für eine entsprechende Überprüfung notwendigen Begriffe von „Wirklichkeit“ oder „Wahrheit“ keineswegs so klar definiert sind, daß von einem Gegensatz zu den Konstruktivisten auszugehen wäre. Vielmehr konzediert Haller bereitwillig, „daß es nicht allein um wahre oder falsche Tatsachenbehauptungen, sondern oftmals auch um unterschiedliche Versionen geht, die sich dem Kriterium wahr/falsch entziehen”. Folglich werden praktische Faustregeln wie das Anhören der anderen Seite als unzureichend betrachtet, „nicht nur, weil sie naiv die Wahrhaftigkeit der Informanten unterstellen, sondern auch, weil sie von einem objektivistischen Abbildungsglauben getragen sind, der die Komplexität sozialer Wirklichkeit und die kognitive (Re)Konstruktionsarbeit des Journalisten schlicht übersieht”.
Unter diesen Annahmen skizziert Haller im folgenden die Konsequenzen für journalistisches Recherchieren. Wenn alle Aussagen als Versionen betrachtet und diesen jeweils eigene Gültigkeit zugestanden werden müssen, dann besteht die Aufgabe des Journalisten darin, diese Gültigkeiten der Versionen miteinander zu vergleichen. Verschiedene Aussagen sind intersubjektiv zu überprüfen (werden „objektiviert”).[70] Teilaussagen, die sich in diesem „Aussagenabgleichungsverfahren“ als unstrittig erweisen, sind logisch wahr[71]. Zugleich werden damit Aussagen herausgefiltert, die nicht konsensfähig sind; diese widersprechen allgemein anerkannten Prüfkriterien. Mit dem Hinweis auf „Konventionen“ wiederum wird deutlich, „daß journalistische Prüfverfahren an Referenzräume gebunden sind”. Das Alltagsverständis von „Objektivität“ wird also (nur?) relativiert. Außerdem ist die Überprüfbarkeit begrenzt auf die (faktische) Beschreibung von Sachverhalten, nicht jedoch Aussagen über ihre Gründe (146). Als ein wenig zu selbstverständlich stellt Haller in diesem Zusammenhang den Charakter der Kausalität dar als „kein Natur-, sondern ein Denkgesetz, das jene Regeln beschreibt, nach denen wir das komplexe Naturgeschehen reduktiv strukturieren”.[72] Es wird daraufhin vom Journalisten gefordert, die „Sachverhaltsinformationen“ von ihrer Interpretation (die „Litanei der W-Fragen”) zu trennen.[73] Die bislang ungenügende Trennung von Aussage und Argument führt laut Haller dazu, „daß die beiden [E]benen unauflöslich ineinandergeschoben werden”. Dagegen präzisiert er diese „Wirklichkeitstypen”, indem er sie scheidet in „faktizierende“ und „interpretierende“ Beschreibungen (147).[74] Beide seien „keine Wahrheiten, sondern Versionen”, von denen allerdings die Versionen der „Argument”-Ebene an Aktanten gebunden blieben: über „Ursachen, Motive und Zwecke“ könne (auch im Falle von Naturereignissen) „immer nur im Zusammenhang mit den [beteiligten] Menschen sinnvoll gesprochen werden”. Die Aufgabe journalistischer Recherche sieht Haller dementsprechend in der Überprüfung von Aussagen und Argumenten auf Unstrittigkeit bzw. Plausibilität.[75] Als Element konstruktivistisch begründeter Handwerksreglen werden dann neben den bereits dargestellten Annahmen Forderungen aufgelistet wie die nach der Nennung von Quellen und der Kenntlichmachung von Informationen als Versionen.
Im nächsten Abschnitt bemerkt Haller, daß journalistisches Handeln über Informationsbeschaffung und -überprüfung hinausgeht bzw. sich verlagert hat auf die Auswahl und Aufbereitung von Information (was Haller (149) den Journalisten als „Textmanager“ bezeichnen läßt). Bei der Untersuchung von Selektionsroutinen wird am ehesten auf eine Anwendbarkeit neurobiologischer bzw. wahrnehmungspsychologischer Modelle erkannt: Regelkonforme und vorhersehbare Ereignisse werden eher als redundant „ausgefiltert”, das Regelwidrige, Unerwartete wird in dieser Analogie als „Reiz“ bewertet und (unter Rückgriff auf das kybernetische Verständnis von Information als „Minderung von Ungewißheit”) in Verbindung gebracht mit dem, was wert erscheint, in den Medien berichtet zu werden. Dabei überträgt Haller (150) die Befunde der Mikro-Ebene (Selektionsroutinen im Journalisten bei der Sichtung des Inputs) auf die systemische Ebene, indem er „die Medienredaktion“ gewissermaßen als Sinnesorgan der Gesellschaft darstellt — springt im nächsten Abschnitt jedoch wieder zurück auf die individuelle Ebene: Die letztinstanzliche Entscheidung darüber „[w]as regelhaft, was regelwidrig ist“ muß sinnvollerweise dem Empfänger der Nachtrichten zugeschrieben werden. Dies veranlaßt Haller, die Selektion der Redaktionen als die Vorwegnahme der Selektion durch das Publikum zu deuten, wenn im Zuge einer „virtuellen Rückkopplung“ das Verhalten, die Präferenzen der Rezipienten „antizipiert“ werden.[76] Mit diesem Mechanismus (dem „Raster“ der Selektivität) sei auch die „Voreingenommenheit [...] bei der Informationsvermittlung“ zu erklären: Medien und ihr Publikum gehören dem selben sozialen System an. Sie teilen die selben Werte und Normen, nur damit konforme Informationen stabilisieren das System und dürfen deshalb passieren.[77] Dies führt zu der Frage nach Funktion und Leistung des Mediensystems: Mit der Annahme der vorerwähnten Integrationsfunktion (Systemstabilisierung) seien „weder die kommunikative Prozesse des sozialen Wandels, noch das Prinzip Öffentlichkeit zu erklären”. Haller verweist demgegenüber auf die Leistung der Komplexitätsreduzierung (151).
Abschließend vollzieht Haller unter der Frage, ob der PuK eine neue Objektivitätsdebatte bevorstehe, eine bemerkenswerte Wendung. Hatte er in der Einleitung seines Beitrages noch ungehalten gefragt, auf welches Wissen sich solche „Wahrheitssätze“ stützten wie Schmidts These, daß es keine erfahrbare Wirklichkeit gebe, wir aber postulieren müßten, daß es sie gibt (137), so endet der Artikel in der nicht minder anmaßenden Feststellung: „Daß die Realität objektiv nicht beschreibbar, daß ihre Beschreibung vielmehr eine Vorstellung des individuellen Bewußtseins [...] sei, gehört [...] zum Wissensbestand der Medien- und Kommunikationsforschung“ (151). Nachdem er die Thesen des Radikalen Konstruktivismus zunächst auf „eher metaphorische Bedeutung“ zurechtgestutzt hatte (139), taucht am Ende doch wieder der Begriff des „Paradigmas“ auf (151). Außerdem verkehrt Haller den Urspung des radikalen Konstruktivimus (”eine bis zur Wurzel menschlicher Erkenntnis reichende Theorie”; meine Hervorhebung) und polemisiert: „Großspurig [...] Das Radikalste am ‘Radikalen Konstruktivismus’ ist seine Namensgebung“ (151). Nachdem er selbst durchaus konstruktivistisch argumentierte (etwa, daß nur „Versionen”, also Konstruktionen miteinander vergleichbar seien) und dies durch die Kontrastierung mit der „üblichen“ Praxis und den herkömmlichen Handwerksregeln zumindest implizit als neuartig darstellte, bemüht er sich zum Schluß, die Bedeutung Konstruktivismus doch wieder als „weder neu noch sonderlich strittig“ zu schmälern und auf einen Denkanstoß zu reduzieren.[78] Dieser solle auch dazu führen, daß „die faktengläubigen Journalisten“ „die Ausgewogenheitsdoktrin der politischen Parteien“ als Gängelband erkennen und sich dem entziehen.[79]
Kein Schlußwort
Es scheint fraglich, ob in der „konstruktivistischen“ Praxis überhaupt ein Unterschied bemerkbar würde: Hinter sorgfältiger Recherche kann Glaube an „Wahrheit“ stehen oder eben das Vergleichen von Versionen. Am Ergebnis dürfte das kaum etwas ändern. Daß auch in Praktikerbüchern wie Rost (1994) nicht explizit auf den Konstruktivismus eingegangen wird, ist dann nur verständlich.
Vielleicht ist das Teil-Resümé als stellvertretend für die „Gesamt-Bedeutung“ des Konstruktivismus zu betrachten. Auch wenn einem Fazit auf Grundlage dieser Arbeit nur sehr eingeschränkter Wert zugebilligt werden kann, ergibt sich doch — gewissermaßen als „Zwischenstand“ — folgender Eindruck (wie er z.T. auch in den vorgestellten Aufsätzen geäußert wurde): Die konstruktivistischen Thesen liefern wertvolle Denkanstöße, vieles der Faszination liegt m.E. jedoch in den Erkenntnissen über die Natur der menschlichen Wahrnehmung selbst und weniger in den darauf aufbauenden Schlußfolgerungen begründet. Diese halte ich nämlich nicht nur für nachdenkenswert, sondern z.T. auch für bedenklich. Dies weniger wegen des häufigen Mißverständnisses, der Konstruktivismus legitimiere die Beliebigkeit, sondern vielmehr wegen der m.E. ungeklärten Übertragbarkeit der biologischen Ergebnisse auf soziale Systeme.
Allgemein erweist sich meiner Ansicht nach die Neigung der Konstruktivisten als problematisch, sich durch einen eigenen Sprachgebrauch abzusondern; zentrales Beispiel dafür ist der Begriff des Konstruierens, der beim Individuum (dem Rezipienten) etwas anderes bedeuten sollte als für das System Journalismus.
Insgesamt kann ich die neue „Epoche der Kommunikationsforschung“ (Merten 1993: 53) nicht erkennen — wenngleich viele faszinierende Beobachtungen (wie z.B. auch Kepplinger 1988 oder das Phänomen der Selbstreferentialität) eng mit dem Konstruktivismus in Verbindung zu bringen wären. Ich neige jedoch eher dazu, die Erwartungen an den Konstruktivismus herunterzuschrauben, wie auch Görke/Kohring (1996: 22) das nahelegen: „Eine umfassende Theorie der Medien ist jedenfalls nicht in Sicht." Was bleibt, ist ein gesundes Mißtrauen, das auch durch die Debatte um den Konstruktivismus am Leben gehalten wird: Eine kritische Distanz gegenüber der „Medienwirklichkeit“ — und gegenüber den Theorien, die sich damit beschäftigen.
Literatur
Bentele, Günter (1993): Wie wirklich ist die Medienwirklichkeit? In: Bentele/ Rühl (Hg.): Theorien öffentlicher Kommunikation. München: Ölschläger. 152-71.
Erbring, Lutz (1993): Kommentar zu Klaus Krippendorff. In: Bentele/ Rühl (Hg.): Theorien öffentlicher Kommunikation. München: Ölschläger. 59-64.
Foerster, Heinz von (1973): Das Konstruieren einer Wirklichkeit. In: Watzlawick, Paul (81994) (Hg.): Die erfundene Wirklichkeit. München: Piper. 39-60.
Frank, A. P. (1991): In der romance leben... In: Frank/Mölk (Hg.): Frühe Formen mehrperspektivischen Erzählens. Berlin: Schmidt. 54-81.
Früh, Werner (1992): Realitätsvermittlung durch Massenmedien. Abbild oder Konstruktion? In: Medienwirkungen. W. Schulz (Hg.): Weinheim: VCH. 71-.
Gillessen, Günther (1981): Die Tatsachen und die Meinungen. Zur Sprache der Nachrichten. In: Baier/ Kepplinger/ Reumann (Hg.): Öffentliche Meinung und sozialer Wandel. Opladen: Westdeutscher. 291-301.
Glasersfeld, Ernst von (1981): Einführung in den radikalen Konstruktivismus. In: Watzlawick, Paul (81994) (Hg.): Die erfundene Wirklichkeit. München: Piper. 16-38.
Görke, Alexander/ Matthias Kohring (1996): Unterschiede, die Unterschiede machen. In: Publizistik, 41. Jg. H. 1 (März). -31.
Haller, Michael (1993): Journalistisches Handeln: Vermittlung oder Konstruktion von Wirklichkeit? In: Bentele/ Rühl (Hg.): Theorien öffentlicher Kommunikation. München: Ölschläger. 137-51.
Haller, Michael (1994): Recherche und Nachrichtenproduktion als Konstruktionsprozesse. In: Merten/ Schmidt/ Weischenberg (Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. Opladen: Westdeutscher.
Hatt, Hanns (1990): Physiologie des Riechens und Schmeckens. In: Maelicke, Alfred (Hg.): Vom Reiz der Sinne. Weinheim u.a.: VCH. 93-128.
Hucho, Ferdinand (1990): Von der Peripherie zum Gehirn: Alle Nervenaktivität ist elektrisch. In: Maelicke, Alfred (Hg.): Vom Reiz der Sinne. Weinheim u.a.: VCH. 13-24.
Karmasin, Matthias (1993): Das Oligopol der Wahrheit. Medienunternehmen zwischen Ökonomie und Ethik. Wien etc.: Böhlau.
Kepplinger, Hans Mathias (1988): Die Kernenergie in der Presse: eine Analyse zum Einfluß subjektiver Faktoren auf die Konstruktion von Realität. In : Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. Opladen. 659-683.
Kepplinger, Hans M. (1992): Ereignismanagment. Zürich: Edition Interfrom.
Kepplinger, Hans M. (1993): Erkenntnistheorie und Forschungspraxis des Konstruktivismus. In: Bentele/Rühl (Hg.): Theorien öffentlicher Kommunikation. München: Ölschläger. 118-25.
Kepplinger, Hans M. (²1993): Realität, Realitätsdarstellung und Medienwirkung. In: Wilke, Jürgen (Hg.): Fortschritte der Publizistikwissenschaft. Freiburg: Alber. 39-55.
Keßler, Helga (1995): Mit Kassandra im Wald. In: DZ #45 vom 03.Nov. 12.
Lippmann, Walter (1922): Die öffentliche Meinung. Bochum: Brockmeyer, 1990.
Maturana, Humberto/ F. Varela (1980): Autopoiesis and Cognition. Boston: Reidel.
Merten, Klaus (1991): Allmacht oder Ohnmacht der Medien? In: Merten/ Schmidt/ Weischenberg (Hg.): Funkkolleg Medien und Kommunikation. Studienbrief 9. Weinheim etc. 45-68.
Merten, Klaus (1993): Kommentar zu Klaus Krippendorff. In: Bentele/Rühl (Hg.): Theorien öffentlicher Kommunikation. München: Ölschläger. 52-5.
Merten, Klaus (1994): Wirkungen von Kommunikation. In: Merten/ Schmidt/ Weischenberg (Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. Opladen: Westdeutscher. 291-328.
Pürer, Heinz (51993): Einführung in die Publizistikwissenschaft. München: Ölschläger.
Remnick, David (1996): Scoop. These days, when it comes to the media everyone's a critic. In: The New Yorker vom 23.01. 38-42.
Rost, Klaus (1994): Die Welt in Zeilen pressen. Frankfurt/M.: IMK, ²1995.
Scharf, Wilfried (1994): Merten/Schmidt/Weischenberg (Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. (Buchbesprechung). In: Publizistik. 3, 362-5.
Schenk, Michael (1987): Medienwirkungsforschung. Tübingen: Mohr.
Schenk, Michael (²1989): Kommunikationstheorien. In: Noelle-Neumann et. al. (Hg.): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt/M.: Fischer. 123-133.
Schenk, Michael (³1994): Kommunikationstheorien: Handlungstheorie und Symbolischer Interaktionismus. In: Noelle-Neumann et. al. (Hg.): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt/M.: Fischer. 173-6.
Schmidt, S. J. (1993): Kommunikation - Kognition - Wirklichkeit. In: Bentele/Rühl (Hg.): Theorien öffentlicher Kommunikation. München: Ölschläger. 105-17.
Schmidt, S. J. (1994a): Die Wirklichkeit des Beobachters. In: Merten/ Schmidt/ Weischenberg (Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. Opladen: Westdeutscher. 3-14.
Schmidt, S. J. (1994b): Konstruktivismus in der Medienforschung: Konzepte, Kritiken, Konsequenzen. In: Merten/ Schmidt/ Weischenberg (Hg.): Die Wirklichkeit der Medien. Opladen: Westdeutscher. 592-623.
Schneider, Wolf (²1984): Unsere tägliche Desinformation. Hamburg: G+J. Zit. nach: BzfpB (1990) (Hg.): Massenmedien. IzpB 208/209. Bonn. 48.
Schulz, Winfried (1989): Massenmedien und Realität: Die "ptolomäische" und die "kopernikanische" Auffassung. In: Kaase/Schulz (Hg.): Massenkommunikation (=KZfSS, Sonderheft 30). Opladen. 135-49.
Schulz, Winfried (²1989): Nachricht: Das Problem der Öffentlichkeit. In: Noelle-Neumann et. al. (Hg.): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt/M.: Fischer. 237-40.
Schulz, Winfried (³1994): Nachricht: Das Problem der Öffentlichkeit. In: Noelle-Neumann et. al. (Hg.): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt/M.: Fischer. -337.
Schulz, Winfried (1986): Geht die Wirklichkeit verloren? In: Johanna Dorer/ Klaus Lojka (Hg.): Öffentlichkeitsarbeit. Wien: Braumüller, 1989.
Siebert, Fred S. (1956/69): The Libertarian Theory of the Press. In: Siebert/Peterson/Schramm (Hg.): Four Theories of the Press. Urbana/Chicago/London. 39-.
Staab, J. F. (1988): Nachrichtenwert-Theorie. Freiburg/München: Alber, 1990.
Streckfuss, Richard (1990): Objectivity in Journalism: A Search and a Reassessment. In: JQ, Vol.67, No.4. 973-.
Varela, Francisco (1981): Der kreative Zirkel. In: Watzlawick (Hg.): Die erfundene Wirklichkeit. München: Piper, 81994. 294-.
Watzlawick, Paul (1981): Wirkung oder Ursache? In: Watzlawick (Hg.): Die erfundene Wirklichkeit. München: Piper, 81994. 61-6.
Wedmann, Thomas (1996): Medienpolitik. In: ZAK, Sendung vom 18.02.
Weischenberg, Siegfried (1993) In: Bentele/Rühl (Hg.): Theorien öffentlicher Kommunikation. München: Ölschläger. 126-36.
Windahl, Sven/ Benno H. Signitzer (1992): Using Communication Theory. London etc.: Sage, Neudruck 1995.
[30] Medienangebote enthalten „ihre Bedeutung nicht in sich selbst [...], sondern [...] ihnen [werden] Bedeutungen von Kommunikanden attribuiert“. — Marcinkowski (1993: 110) geht in seiner „autopoietischen“ Analyse des Systems Journalismus so weit, daß Information „eine rein systeminterne Behandlung von Ereignissen und Sachverhalten“ ist. „Es gibt keine Information an sich, sondern nur die Beobachtung von Zuständen und Ereignissen anhand eines Differenzschemas, wobei das Ergebnis der Beobachtung systemintern als Information behandelt wird.“
[79] Als ein skurriles Beispiel sei auf die Vorwürfe hingewiesen, die dem Fernsehen nach der Übertragung einer politischen Veranstaltung in Rheinland-Pfalz gemacht wurden: Dabei wurde gezählt, wie oft die beiden Kandidaten im Bild zu sehen waren (vgl. Wedmann 1996).