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Forscher ohne Lehrlinge

18.05.99 Hochschulseite

Forscher ohne Lehrlinge

Der abtrünnige Professor Lüdemann will weiter Theologen prüfen

Gerd Lüdemann geht in die Offensive. Der ungläubige Theologieprofessor aus Göttingen will den für ihn geschaffenen Sonderstatus nun doch nicht akzeptieren. Sein Ziel: "Ich will wieder prüfen dürfen." Nachdem Lüdemann mit der Auferstehung Jesu eine der theologischen Grundfesten bestritten und sich später öffentlich vom christlichen Glauben losgesagt hatte, war ihm neben der kirchlichen Prüfungserlaubnis im Dezember auch das Recht entzogen worden, staatliche Examina abzunehmen. Der niedersächsische Wissenschaftsminister Thomas Oppermann hatte eigens zu diesem Zweck Lüdemanns Lehrstuhl für Neues Testament in eine Professur für Geschichte und Literatur des Frühen Christentums umgewidmet - außerhalb der theologischen Studiengänge.

Das Gegen diese Umwidmung hat Lüdemanns Anwalt nun Widerspruch eingelegt - mit aufschiebender Wirkung. Ab sofort darf sich sein Mandant wieder Professor für Neues Testament nennen. Auf die Bezeichnung seines Lehrstuhls legt der freilich keinen Wert. "Mir geht es einzig und allein um die Beschneidung meiner Lehrtätigkeit." Konkreter Anlaß seines Widerspruchs: Die nach der Umwidmung frei gewordene Professur für Neues Testament will die Fakultät möglichst rasch neu besetzen - und zugleich auch die zugeordnete Assistentenstelle. Doch genau diese Assistentenstelle, sagt Lüdemann, sei ihm 1994 bei Bleibeverhandlungen dauerhaft zugesichert worden. Nicht dem Lehrstuhl für Neues Testament stehe sie zu, sondern ihm als Professor und Inhaber eines wie auch immer bezeichneten Lehrstuhls. Er fürchtet um seine Ausstattung, vermutet in der Neubesetzung eine Strategie seiner Kontrahenten, ihn finanziell trockenzulegen.

Professor Reinhard Gregor Kratz, geschäftsführender Leiter des Fachbereichs Theologie, kann die plötzliche Kehrtwende Lüdemanns nicht nachvollziehen: "Zwischen beiden Seiten war doch bereits eine mündliche Einigung erzielt worden, sowohl was die Umwidmung, als auch die Ausstattung anging." Die Regelung sah so aus: Lüdemanns verzichtete auf die Assistentenstelle, statt dessen erhielt er eine angemessene finanzielle Austattung - für die Forschungsarbeit fernab der Ausbildung des theologischen Nachwuchses. Daher auch der Plan einer Neubesetzung: "Die Assistentenstelle gehört schließlich in die Lehre, und Lüdemann lehrt gar nicht mehr."

Doch genau das will der Theologe wieder, und dafür ist er auch bereit, vor Gericht zu ziehen. Daß er erst jetzt Widerspruch eingelegt hat, erklärt er mit der Enttäuschung, im Konflikt mit der Kirche von der Uni im Stich gelassen zu werden. "Bis zuletzt hatte ich auf Unterstützung gehofft", - bis die Fakultät bei der Uni-Verwaltung Mitte April den Antrag auf Freigabe der Assistentenstelle stellte. Reinhard Gregor Kratz versteht die Aufregung nicht: "Lüdemann bekommt seine finanzielle Unterstützung, so oder so. Wir hätten unsere Ruhe und er seine." Auf die Ausweisung als Assistentenstelle habe er bis vor kurzem keinerlei Wert gelegt, doch ginge es nun offensichtlich um anderes: "Er will wohl mal wieder in die Presse." JAN-MARTIN WIARDA

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Letzte Aktualisierung am 22. April 2020
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