Biogeography, evolution and systematics of Albinaria
in central and eastern Crete
Albinaria ist eine Gattung von Landschnecken in der griechischen
Insel Kreta. Landschnecken sind von Natur aus hervorragend geeignet, um
für biogeographische Untersuchungen herangezogen zu werden. Sie breiten
sich nur sehr langsam aus, und sind eigenständig nicht in der Lage,
das Meer zu überqueren. Griechenland mit seinen vielen Inseln bildet
ein hervorragendes Labor für Studien isolierter Inselpopulationen.
Albinaria ist auf Kreta einer Artgliederung in zahlreiche Formen unterworfen, von denen viele bereits Artstatus erreicht haben. Sie kann damit als ein besonders geeignetes Beispiel bei der Untersuchung von unterschiedlichsten Fragen zu Evolutionsmechanismen angesehen werden. Langfristiges Ziel der Studien an Albinaria ist ein besserer Einblick in Evolutionsmechanismen. | |
Die Landschnecke Albinaria violacea aus Kreta,
das Gehäuse ist ca. 2 cm lang. Foto V. Wiese, Haus der Natur Cismar. |
Dazu wurde im Rahmen von monatelangen Vorarbeiten in Zentral- und Ostkreta (praktisch seit 1984) eine immense Vielzahl an Material zusammengetragen. Etwa jeder zweite Quadratkilometer in einem 6000 qm-Gebiet wurde nach dem Vorkommen von Albinaria abgesucht. Das Ergebnis ist ein sehr differenziertes Verbreitungsbild der einzelnen Arten (WELTER-SCHULTES 1998a). Neben etwa 21-28 Arten gibt es in manchen Gruppen eine Vielzahl von Unterarten mit ebenso interessanter Verbreitung (SCHILTHUIZEN et al. 1994). Jetzt geht es im Prinzip nur noch um die Frage, warum sind die Schnecken dort genau so und nicht anders verbreitet? Menschen hatten nur in Ausnahmefällen Einfluß auf die Albinaria-Verbreitung in Kreta (WELTER-SCHULTES 1998b), sodaß die Verbreitung als natürlich angesehen werden kann.
Das ganze Verbreitungsbild läßt sich mit Hilfe der kretischen
Insel-Theorie erklären. Vor 15 Mio Jahren war die Ägäis
eine einzige Landmasse, zu der auch Kreta gehörte. Danach brach überall
in der Ägäis Wasser ein, Kreta wurde vom Restland getrennt, und
etliche Mio Jahre schauten von Kreta nur noch die Berspitzen raus. In dieser
Zeit lebten die Schnecken also auf kleinen Inseln. Vor 2-3 Mio Jahren hob
sich das Land wieder, Kreta wurde vereinigt in Form einer länglichen
Insel, und einige Schnecken besiedelten das neue Land zwischen den ehemaligen
kleinen kretischen Inseln.
Der Trick, den die Schnecken anwandten um sich interessant zu machen,
war, daß sie sich im Sinne der Arbeitsteilung in 2 ökologische
Gruppen aufteilten. Einige Arten hatten sich in den Jahrmillionen schon
so sehr ökologisch an die Bedingungen der alten Inseln angepasst,
daß sie die neuen Flächen nicht besiedelten. Die anderen Arten
waren aus irgendwelchen Gründen mit einer höheren ökologischen
Potenz ausgestattet, und drangen schnell in die neuen Lebensräume
ein (WELTER-SCHULTES 1997).
Es läßt sich mit Hilfe dieser Theorie sowohl die Dynamik der Entstehung der heutigen Verbreitungsgebiete erklären, als auch die Geschichte und genaue Lage der alten Inseln rekonstruieren. Die aus den Daten der Albinaria-Verbreitungsanalysen erhaltenen Kenntnisse gehen weit über das hinaus, was mit Hilfe geowissenschaftlicher Methoden bisher bekannt war.
Ausblick
Zu Beginn der eigentlichen Studien 1996 war vermutet worden, daß sich die Evolution der kretischen Albinaria-Arten in den vergangenen 15 Mio Jahren zugetragen hat. Die Ergebnisse lassen jedoch vermuten, daß die Entstehungsgeschichte früher abgegangen sein muß, und daß es den freundlichen Tierchen in den letzten 15 Mio Jahre eher darum ging, ein möglichst kompliziertes Verbreitungsbild der schon vorher entstandenen Arten zu erwirtschaften. Das ist schade, weil wir so nur wenige Einblicke in die eigentliche Evolution der Albinaria bekommen. Man kann eben manchmal nicht wissen, was bei einer längeren Studie hinterher bei rauskommt. Aber das ist ja auch gar nicht schlimm. Wir kommen dennoch mit den neuen Kenntnissen über die letzten 15 Mio Jahre eine gutes Stück im Verstehen der Gattung Albinaria weiter.
Bisher erschienene Publikationen: