Gap Junctions des zentralen Nervensystems - Struktur und Funktion:


Gap Junctions sind eine bsondere Form von Zellkontakten, deren Funktion darin besteht, einzelne Zellen metabolisch und regulatorisch im Gewebeverband zu integrieren (Wolburg und Rohlmann, 1996, Übersicht). Elektronenmikroskopisch sind Gap Junctions durch eine enge Assoziation der Lipiddoppelmembranen benachbarter Zellen mit einem schmalen 2-4 nm breiten perizellulären Spaltraum charakterisiert. Der Spaltraum wird durch Proteinkanäle überbrückt, die den Austausch cytoplasmatischer Substanzen, wie Ionen, Metabolite, und sekundäre Botenstoffe mit einem Molekulargewicht von bis zu einem kDa ermöglichen. Die Poren der Gap Junction Kanäle besitzen einen Durchmesser von ca. 2 nm und können in Abhängigkeit von physiologischen Bedingungen geöffnet oder geschlossen werden. Die Größe der Gap Junction Plaques und damit die Zahl der Kanäle ist sehr variabel und unterliegt starken dynamischen Schwankungen. Die Gap Junction Kanäle werden von den sog. Connexinen gebildet., einer Proteinfamilie mit bislang 14 identifizierten Mitgliedern, die sich in ihrer Aminosäuresequenz und damit ihrem Molekulargewicht unterscheiden. Connexine sind Transmembranproteine mit vier hydrophoben Transmembrandomänen, zwei extrazellulären Schleifen, einer intrazellulären Schleife, sowie einem C- und einem N-terminalen Abschnitt. Ihre Nomenklatur richtet sich zunächst nach ihrem theoretisch errechneten Molekulargewicht, so, daß z.B. Connexin43 ein Protein mit dem theoretischen Molekulargewicht von 43 kDa ist. Zusätzlich können anhand von Sequenzhomologien noch eine a- und eine b-Gruppe unterschieden werden. Cx43 gehört dann zur a-Gruppe und wird daher alternativ auch als Cx-a1 bezeichnet.


Von den 14 bekannten Connexintypen wurden bislang 9 im ZNS nachgewiesen. Zu dieser Gruppe gehören die Connexine Cx26, Cx30, Cx32, Cx33, Cx36, Cx37, Cx40, Cx43 und Cx45 (Nadarajah und Parnavelas, 1999; Bruzzone und Giaume, 1999; Kunzelmann et al., 1999; Prime et al., 2000).

Cx26: Connexin26 (b2) ist im Gehirn in den Meningen, den Ependymzellen, Pinealocyten und Neuronen zu finden (Dermietzel, 1998, Hertzberg et al., 1992; Paul, 1986, 1993; Willecke et al., 1991). Im Neuralrohr ist Cx26 ab dem Tag E12 zu finden (Dermietzel, 1996). Während der ersten drei Wochen der postnatalen Entwicklung ist Cx26 vermutlich an der Entstehung neuronaler Verschaltungen beteiligt (Nadarajah et al., 1997). Mutationen von Cx26 spielen bei der Entstehung verschiedener hereditärer Formen der Taubheit eine Rolle (Kelsell et al., 1997). Homozygote Cx26-defiziente Mäuse sterben kurz nach der Embryoimplantation aufgrund von Ströungen der Plazentabarriere (Gabriel et al., 1998). Wie wir anhand der Substantia nigra zeigen konnten, zeigt Cx26 während der neuronalen Entwicklung ein dynamisches Expressionsmuster mit einer stetigen Intensitätszunahme der Expression seiner mRNA (Leung et al., 2002). Für Cx26 ist bereits eine Wechselwirkung von viralen Infektionen und der Gap Junction Kopplung nachgewiesen worden, allerdings nicht im ZNS sondern in der Haut. Dort zeigt sich in der Epidermis bei bestimmten viralen Erkrankungen eine erhöhte Expression von Cx26 (Lucke et al., 1999).

Cx30: Connexin30 stellt neben Cx43 das wichtigste Connexin adulter Astrocyten dar (Rash et al., 2001).

Cx32: Connexin32 tritt im ZNS in Neuronen und Oligodendrocyten in Erscheinung (Dermietzel et al., 1989; Willecke et al., 1991; Micevych und Abelson, 1991). Mutationen des Cx32-Gens führen dabei zur X-chromoso-malen Form der Charcot-Marie-Tooth-Neuropathie (Bergoffen et al., 1993) die mit einer fortschreitenden Degeneration der Myelinscheiden einhergeht. Auch Cx32 ist während der Hirnentwicklung in der Substantia nigra dynamischen Schwankungen unterworfen mit einem Intensitätsmaximum um den Embryonaltag E16 (Leung et al., 2002).

Cx33: Eine Expression von Connexin33 im Gehirn der Maus ist zwar beschrieben (Rozental et al., 2000), bislang jedoch noch wenig untersucht.

Cx36: Connexin36 ist bislang der einzige Connexinsubtyp der ausschließlich in Neuronen lokalisiert ist (Belluardo et al., 2000; Rash et al., 2000). Während der pränatalen Gehirnentwicklung zeigt Cx36 ein äußerst dynamisches Expressionsmuster mit einer bevorzugten Lokalisation an wichtigen Gewebeübergängen (Gulisano et al., 2000). Im adulten Gehirn ist die Ausbildung elektrischer Synapsen durch Cx36 vorwiegend für die synchronisierte Aktivität inhibitorischer Netzwerke verantwortlich(Buzsaki, 2001; Deans et al., 2001; Priest et al., 2001).

Cx37: Connexin37 kann zwar im Gehirn der Maus nachgewiesen werden (Willecke et al., 1991), ist jedoch noch wenig untersucht.

Cx40: Connexin40 tritt zwar im Gehirn in Erscheinung, wird jedoch nicht in neuralen Zellen gebildet, sondern ist auch hier eines der wichtigen Connexine der Endothelzellen der Blutgefäße (Vis et al., 1998).

Cx43: Connexin43 (a1) wird im ZNS hauptsächlich in Astrocyten gebildet, kann aber auch in den Meningen, dem Ependym und in bestimmten neuronalen Subtypen nachgewiesen werden (Giaume et al., 1991; Miragall et al., 1996; Nadarajah et al., 1996). In den Neuronen der Substantia nigra wird Cx43 nur schwach exprimiert, tritt aber in den Astrocyten des Mesencephalons und des Striatums stark in Erscheinung (Micevych und Abelson, 1991). Cx43 zeigt in der Substantia nigra während der neuronalen Entwicklung ein dynamisches Expressionsmuster mit einem Intensitätsminimum seiner mRNA am Embryonaltag E18 (Leung et al., 2002).

Cx45: Connexin45 wird im ZNS vorwiegend in Oligodendrocyten exprimiert (Kunzelmann et al., 1997; Dermietzel et al., 1997). Während der Entwicklung der Substantia nigra zeigt Cx45 eine gleichmäßige Expression während aller Entwicklungsstadien (Leung et al., 2002).


Die Funktion der Gap Junctions ist äußerst vielfältig, da sie den interzellulären Transport ganz unterschiedlicher Substanzen erlauben (Simon und Goodenough, 1998). So vermitteln sie z.B. die Ausbreitung von Ionen wie Na+, K+ und Cl- (Loewenstein 1979), von sekundären Botenstoffen wie Ca2+, IP3 und cAMP (Bruzzone et al., 1996) und von Metaboliten wie Glucose, Aminosäuren und Nucleotide (Loewenstein, 1981). Die Diffusion sekundärer Botenstoffe zwischen gekoppelten Zellen reguliert zahlreiche Signalkaskaden (Bruzzone and Ressot 1997). Dadurch beeinflußen Gap Junctions über die Ausbreitung von morphogenen Botenstoffen Prozesse wie Zellwachstum, Differenzierung und damit auch die Musterbildung während der Entwicklung (Warner, 1985; Zimmer et al., 1987; Lo, 1996). In Nervenzellen treten Nexus in Form elektrischer oder elektrotonischer Synapsen in Erscheinung. Diese dienen der Ausbreitung elektrischer Membranpotentialänderungen (Gilula et al., 1972) und sind so für die Synchronisation neuronaler Entladungsmuster verantworlich.


Während der frühen Entwicklungsperiode des ZNS scheinen elektrische Synapsen den vorherrschenden Weg darzustelllen, auf dem Neurone miteinander kommunizieren (Rozental et al., 1998). So weisen Neurone des Neocortex während der Ausbildung der synaptischen Schaltkreise starke Farbstoffkopplung auf, die dann später zurückgeht. Während der Phase intensiver elektrischer Kopplung kommt es auch zur Ausbildung von Kopplungskompartimenten (Peinado et al., 1993; Saez et al., 1993), die der Synchronisierung des Differnzierungsplans einzelner Zellgruppen dient (Britz-Cunningham et al., 1995). Die funktionellen Änderungen der neuronalen Gap Junction Kopplung wird von Änderungen der Connexin-Expression begleitet in deren Verlauf die Expression von Cx43 und Cx26 in undifferenzierten Neuronen von der vorherrschenden Bildung von Cx32 und Cx43 in stärker differenzierten Zellen abgelöst wird (Dermietzel et al., 1989). Während in Neuronen die Gap Junction Kopplung hauptsächlich während der prä-, peri- und postnatalen Periode auftritt und im Zuge der weiteren Entwicklung nur noch in vereinzelten Nervenzellpopulationen beobachtet werden kann, tritt in glialen Zellen Kopplung als generelles Phänomen auch noch im erwachsenen Organismus in Erscheinung. Astrocyten exprimieren hauptsächlich Cx43 (Dermietzel et al., 1991), aber auch Cx30 (Kunzelmann et al., 1999). Die Cx43-Expression in Astrocyten ist nicht gleichmäßig in allen Hirnregionen vorhanden, sondern weist ausgeprägte regionale Unterschiede auf (Batter et al., 1992; Lee et al., 1994). Auch in verschiedenen Astrocyten Subpopulationen scheint es Unterschiede in der Kopplung zu geben. So scheinen sog. Typ 1 Astrocyten sehr viel stärker gekoppelt zu sein, als solche vom Typ 2 (Sontheimer et al., 1990).