Erica Jong: Angst vorm Fliegen

Frankfurt a.M.: Fischer Taschenbuch Verl., 1979.

EST: Fear of Flying (1973)

Ich sah aus dem Busfenster auf die rotbäckigen alten Damen in ihren 'vernünftigen' beigefarbenen Schuhen, unförmige Tirolerhüte auf dem Kopf. Ich sah auf ihre unförmigen Beine und unförmigen Hinterteile. Ich haßte sie. Ich sah auf ein Plakat: SEI GUT ZU DEINEM MAGEN, und ich haßte die Deutschen dafür, daß sie immer an ihre verdammten Mägen denken, an ihre Gesundheit - als hätten sie Gesundheit, Hygiene und Hypochondrie erfunden. Ich haßte ihre fanatische Besessenheit, mit der sie die Illusion von Sauberkeit aufrechterhielten. Illusion, wohlgemerkt, denn die Deutschen sind nicht wirklich sauber. Die weißen Spitzengardinen, die Steppdecken, die zum Lüften aus den Fenstern hängen, die Hausfrauen, die den Bürgersteig vor ihrem Haus schrubben und die ihre Schaufenster putzenden Ladeninhaber - all das gehört zu einer sorgfältig ausgetüftelten Fassade, dazu bestimmt, Ausländer mittels aufdringlich rühriger deutscher Tüchtigkeit und 'Normalität' einzuschüchtern. Aber betreten Sie mal in Deutschland eine öffentliche Toilette, und Sie werden eine Anlage vorfinden, wie sie es sonst auf der Welt nicht gibt. Die reizende, für die fallende Scheiße bestimmte kleine Porzellanplatte (damit Sie erstere begutachten können, bevor sie auf Nimmerwiedersehen in den gurgelnden Schlund wirbelt) ist so gut wie trocken, ehe Sie ziehen. Infolgedessen stinken deutsche Toiletten stärker nach Scheiße als sonstige Toiletten, wo auch immer. (Ich sage das als erfahrene, abgehärtete Weltreisende.) Ferner gibt es einen dreckigen Lumpen als Handtuch - eines für alle -, das über einem winzigen Waschbecken hängt, welches lediglich einen Kaltwasserhahn aufzuweisen hat (unter dem Sie sich kaltes Wasser über Ihre rechte Hand tröpfeln lassen können - oder welche Hand Sie zu benutzen pflegen).

Ich beschäftigte mich in Gedanken ziemlich häufig mit Toiletten, als ich in Europa lebte. (So meschugge hatte Deutschland mich gemacht.)

(S. 34)

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